Manche Trainer wollen nicht immer mit ihnen, oft geht es aber nicht ohne sie. Der Neuner feierte im einzigen Weltmeisterduell der Gruppenphase eine eindrucksvolle Wiederauferstehung. Alvaro Morata brauchte nach seiner Einwechslung acht Minuten für einen Treffer, bei Niclas Füllkrug waren es 13. Zwei sehenswerte Stürmertreffer. Bis dahin zeigten Spanien und Deutschland kein schlechtes Spiel, die zwingenden Strafraumszenen fehlten aber. Es war kein Zufall, dass es in diesem Spiel die echten Neuner benötigt hat. 

Auf den letzten Abdruck ist Füllkrug in den WM-Kader der Deutschen gerutscht. In Ermangelung eines Stoßstürmers mit Weltformat reichten dem 29-Jährigen in dieser Saison zehn Treffer für Werder Bremen in der Bundesliga für eine Nominierung. Der Schachzug von Hansi Flick ist aufgegangen. Füllkrug tauchte nach seiner Einwechslung sofort da auf, wo er für Gefahr sorgen konnte. Gleiches galt kurz davor für Morata. "Ich denke, dass er mit seiner Entschlossenheit gezeigt hat, wie man Tore schießt. Das zeichnet ihn aus. Deswegen ist er auch dabei. Er gibt der Mannschaft sehr viel, nicht nur dieses Tor", lobte Flick seinen Stürmer nach dem 1:1-Unentschieden.

Es ist damit zu rechnen, dass die Deutschen im letzten und entscheidenden Gruppenspiel gegen Costa Rica von einer falschen wieder auf eine echte Neun umstellen werden. Allerdings sind es vielfach auch die sich in Schlussphasen verändernden Spielsituationen, die das Leben einer Neun als Joker leichter machen, als von Beginn an. "Wir brauchen jetzt auch nicht durchzudrehen, es ist immer noch ein 1:1 und kein Sieg. Aber wir können mit einem guten Gefühl ins letzte Spiel gehen und hoffen, dass dann alles gut ausgeht", sagte Füllkrug, der im Vorjahr noch in der zweiten Liga spielte und erst im letzten Vorbereitungsspiel gegen den Oman im A-Team des DFB debütierte – und als Joker den einzigen Treffer des Spiels erzielte. 

Der Bud-Spencer-Klassiker "Sie nannten ihn Mücke" war bei Füllkrugs Geburt bereits 15 Jahre alt. Marko Arnautovic hatte aber auch anderes im Kopf, als er seinen ehemaligen Teamkollegen in den gemeinsamen Bremer Zeiten "Lücke" nannte. "Er hat damit angefangen", erzählte Füllkrug einmal. Es dauerte nicht lange, bis Mannschaft und sogar Fans den Namen übernommen hatten. Der Grund ist eine auffällige Fehlstellung im Lachen des gebürtigen Hannoveraners. Diese ist jetzt das Markenzeichen. "Der Killer mit der Zahnlücke" wurde Füllkrug von der englischen Times bereits getauft. Die internationale Informationslage zum Senkrechtstarter – dessen Schwester Anna-Lena für Hannover 96 stürmt – war bislang aber noch dünn gesät. "Wer ist Niclas Füllkrug?", fragte die französische "L’Équipe". So blieb Medien wie der "Washington Post" oder dem "Daily Star" nicht viel anderes übrig, als sich über Wikipedia weiterzuhelfen. Im Mittelpunkt stand in den weltweiten Berichten wieder ein Zahn. Allerdings keiner von Füllkrug, sondern jener eines Teamkollegen, der sich bei einem Training in Bremen in die Stirn von Füllkrug gebohrt haben soll. Der unglückliche Vorfall endete mit einem Krankenhausaufenthalt. Um wessen Zahn es sich handelte und ob sich der Vorfall tatsächlich so ereignete, ist noch nicht restlos überliefert. Eines steht aber fest: Arnautovic war in diesem Fall unschuldig.