Als Sturm-Kapitän Stefan Hierländer in der 52. Minute beim Stand von 1:2 nach einer Gelb-Roten Karte der unnötigeren Art vom Feld gestellt wurde, glaubten wohl nicht mehr viele der 15.000 Fans in der ausverkauften Merkur-Arena an einen Punktgewinn gegen den italienischen Topklub Atalanta Bergamo. Doch die Norditaliener ließen die Grazer am Leben. Körperlich und spielerisch überlegen konnte Atalanta gegen aufopferungsvoll kämpfende Blackys nichts Ertragreiches aus der Überzahl generieren und Sturm bekam durch die Hereinnahme durch William „Europacup-Willi“ Böving in der Schlussviertelstunde nochmals die zweite Luft.

Kommentar: Der Sturm-Geist war gegen Atalanta in jeder Situation zu sehen

Dieser scheiterte zwar noch am überraschenden Ausgleichstreffer (75.), mit Szymon Wlodarczyk sorgte aber ein weiterer „Joker“ für die Sensation. Sead Kolasinac bekam den Ball im Sechzehner an den Arm, nach Videostudium entschied der Schiedsrichter auf Elfmeter und der Pole verwandelte eiskalt – Liebenau stand kopf! „So viele Emotionen, es ist ganz verrückt“, sagte der Torschütze nach dem Spiel. „Tomi Horvat wollte auch schießen, aber ich wusste, dass ich treffen werde.“

Es war nicht der erste Elfmetertreffer in diesem Spiel. Tief in der Nachspielzeit der ersten Hälfte traf Luis Muriel vom Punkt (45.+7), nachdem Jon Gorenc Stankovic den Ball an den Arm bekommen hatte. Es war Muriels zweiter Treffer. Nachdem Alexander Prass mit einem abgefälschten Schuss dafür sorgte, dass Sturm zum dritten Mal in dieser Europa-League-Saison mit 1:0 in Führung gegangen war (13.), glich Muriel für die spielbestimmenden Bergamaschi sehenswert aus (34.).

David Affengruber: „Wir haben gekämpft wie Löwen“

Am Ende war der Doppelpack für die Gäste zu wenig, um drei Punkte aus Graz zu entführen. „Es war eine richtig geile Stimmung, die Fans haben uns vorangepeitscht, auch in schwierigen Phasen“, sagte Prass. „So lange mit einem Mann weniger zu spielen, dann noch einmal so zurückzukommen und am Ende noch so einen Nadelstich zu setzen – da hat sich heute jeder ein riesengroßes Lob verdient.“ In dieselbe Kerbe schlug auch David Affengruber: „Wir haben alles auf dem Platz gelassen und gekämpft wie Löwen. Europacup-Nächte in Graz sind etwas Besonderes.“

Das Remis war auch deshalb wichtig, weil Rakow dem mit Sturm weiter punktgleichen Team von Sporting Lissabon in Polen einen Zähler abknöpfte und so weiter drei Punkte hinter den Grazern, die somit 210.000 Euro Punktprämie extra kassierten, liegt. Auch dank des zwölften Mannes – also der Fans – sind die Steirer weiter im Rennen um den Aufstieg in der Gruppe D. „Wobei es in diesem Fall eher der elfte Mann war“, sagte Jusuf Gazibegovic lachend. „Unglaublich, wie das Stadion gebebt hat. Mit elf Spielern auf dem Platz wäre hier schon noch mehr drin gewesen, aber wir haben gezeigt, dass Sturm mit solchen Mannschaften mitspielen kann. Am Ende fühlt sich der Punkt an wie ein Sieg.“