"In den nächsten Stunden" werde man damit beginnen, Ausrüstung für die Flugabwehr, Artillerie, Raketensysteme und gepanzerte Fahrzeuge in die Ukraine zu schicken, sagte Biden am Mittwoch im Weißen Haus. Biden hatte zuvor das vom Kongress beschlossene Paket im Umfang von 61 Milliarden Dollar (57 Mrd. Euro) unterzeichnet.

Das neue Paket sei nicht nur eine Investition in die Sicherheit der Ukraine, sondern auch in die Sicherheit Europas. Biden warnte, dass Russland als nächsten Schritt einen NATO-Partner angreifen könnte. "Wir hätten keine andere Wahl, als ihnen zu Hilfe zu kommen, so wie unsere NATO-Verbündeten uns nach den Anschlägen vom 11. September zu Hilfe gekommen sind."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich erleichtert über das von Biden angekündigte Sofort-Hilfspaket. "Wir bekommen die Unterstützung, die wir brauchen, um unsere Leben weiter vor russischen Angriffen zu schützen", schrieb Selenskyj am Mittwochabend auf der Plattform X (früher Twitter). "Ich bin Präsident Biden, dem Kongress und allen Amerikanern dankbar, die erkennen, dass wir Putin den Boden unter den Füßen wegziehen müssen, anstatt ihm zu gehorchen", fügte er hinzu. Das Hilfspaket enthalte "exakt das", was Biden und er während eines Telefonats vor wenigen Tagen besprochen hätten, sagte Selenskyj, ohne Details zu nennen.

Hilfspaket war monatelang blockiert

Bei der Unterzeichnung der Gesetze mit Milliardenhilfen für die Ukraine, Israel und Taiwan sagte Biden: "Es wird Amerika sicherer machen. Es wird die Welt sicherer machen." Das von Bidens Regierung beantragte Hilfspaket war im US-Parlament monatelang blockiert gewesen. Erst infolge des iranischen Großangriffs auf Israel hatten das Repräsentantenhaus kontrollierenden oppositionellen Republikaner ihre ablehnende Haltung aufgegeben und die Gelder am Samstag freigegeben. Am gestrigen Dienstag folgte der Senat, der die Hilfsgelder schon im Februar freigeben hatte wollen.

Wegen der Blockade im Kongress hatten die USA der Ukraine seit Ende des Vorjahres praktisch nicht mehr helfen können. Das beschlossene Paket sieht unter anderem Mittel für die Aufstockung von Waffen und Munition im Bestand des US-Militärs vor. Dieses Geld geht somit nur indirekt an die Ukraine, da die USA das von Russland angegriffene Land in der Regel mit Ausrüstung aus eigenen Beständen ausstatten - was häufig schneller geht, als bei der Industrie neu zu bestellen. Biden kündigte nun an, der Ukraine in dem neuen Militärpaket wieder militärische Ausrüstung aus den eigenen Beständen zukommen zu lassen.

Heimliche Lieferung von Raketen

Der Rest des Hilfspakets ist für weitere militärische Unterstützung und Finanzhilfe vorgesehen, teilweise auch in Form von Darlehen. Der Gesetzestext drängt außerdem auf die Lieferung der weitreichenden Raketensysteme vom Typ ATACMS. Bisher haben die USA offiziell nur ATACMS mit einer Reichweite von rund 165 Kilometern geliefert. Die Ukraine wünscht sich aber Systeme mit einer Reichweite von 300 Kilometern. Darüber hatten Biden und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag in einem Telefonat gesprochen.

Wie ein Regierungsinsider der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch sagte, wurden die Raketen mit der längeren Reichweite heimlich bereits geliefert. Sie seien in der vergangene Woche erstmals eingesetzt worden, sagte der Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte. Am 17. April sei ein Flugplatz auf der Krim beschossen worden. Die Entscheidung war monatelang in der US-Regierung umstritten. Zu dem Meinungswechsel sei es unter anderem gekommen, weil die russische Armee Langstreckenraketen aus Nordkorea einsetze. Zudem hätte Russland kritische Infrastruktur wie die Energieversorgung angegriffen. "Wir haben Russland vor diesen Dingen gewarnt", sagte der Regierungsmitarbeiter.

Auch TikTok im Visier

Biden setzte am Mittwoch auch ein Gesetz gegen den TikTok-Eigentümer Bytedance in Kraft. Im Zuge der Budgetbeschlüsse hatten die US-Parlamentarier nämlich auch für ein Gesetz votiert, das der vor allem bei Jugendlichen populären Videoplattform TikTok mit dem Verbot droht. Für den in China ansässigen Bytedance-Konzern läuft nun ein Countdown von maximal einem Jahr, sich von TikTok zu trennen. Ansonsten soll die App aus amerikanischen App-Stores verbannt werden. TikTok will das Gesetz vor Gericht anfechten.

Das Gesetz wurde erst in der Nacht auf Mittwoch vom Senat mit einer großen Mehrheit von 79 zu 18 Stimmen angenommen. Bytedance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen gesehen, das sich entsprechend dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas beugen müsse. Deshalb wird gewarnt, chinesische Behörden könnten sich in großem Stil Zugriff auf Daten amerikanischer Nutzer verschaffen - und die Plattform auch für politische Einflussnahme nutzen. TikTok bestreitet dies seit Jahren.