Seit Monaten befindet sich die Wiener Ärztekammer in einer häufig öffentlich geführten Auseinandersetzung mit der Wiener Stadtregierung, speziell mit Stadtrat Peter Hacker (SPÖ). Dabei geht es um geplante Regelungen für Wahlarztordinationen, die Mediziner fordern vor allem bessere Rahmenbedingungen in den Spitälern. Doch auch intern befindet sich die Wiener Ärztekammer seit Monaten in einem Dauerkonflikt. Nun soll es sogar bei einer Sitzung zu Handgreiflichkeiten gekommen sein.

Im Zentrum des Konflikts stehen der Kurienobmann für die niedergelassenen Ärzte Erik Randall Huber und Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart, der nach krankheitsbedingter Abwesenheit kürzlich in seinen Posten zurückkehrte. Bei einer außerordentlichen Sitzung der Kurie der niedergelassenen Ärzte am Freitagabend sollte laut einem Antrag Huber die Befangenheit ausgesprochen werden – in diesem Fall hätte er die Sitzung verlassen müssen. Über die Gültigkeit des entsprechenden Beschlusses herrscht nun aber Streit, Huber schaltete die MA 40 als Aufsichtsbehörde ein.

Eine Sitzung, zwei Versionen

Grund für den Befangenheitsantrag war nach Angaben der Fraktion von Kammerpräsident Steinhart, dass Huber entgegen der Geschäftsordnung wichtige Anträge nicht zugelassen habe, hieß es in einer Aussendung. Danach sei nach entsprechender Abstimmung die Sitzung ohne Huber fortgesetzt und von dessen Stellvertreterin Naghme Kamaleyan-Schmied geleitet worden – unter anderem habe man dabei auch die vor Kurzem entlassene Leiterin des Ärztefunkdienstes wieder in ihre Position eingesetzt.

Ganz anders die Version von Huber laut einem vom "Dossier"-Journalisten Ashwien Sankholkar auf X (vormals: Twitter) veröffentlichten Gedächtnisprotokoll von Huber an die MA 40: Man habe versucht, ihm mit "roher Gewalt" die Sitzungsführung zu entreißen, ein Mandatar habe einen anderen tätlich angegriffen. Von einem Stoß war die Rede. "Es kam zu Tumulten und 16 Mandatare haben die Sitzung verlassen, worauf sie vom Vorsitzenden wegen mangelnder Beschlussfähigkeit geschlossen wurde." Insofern sei diese beendet gewesen und die Fortsetzung der Sitzung als nichtige "Gegensitzung" zu qualifizieren. Sowohl Huber als auch Ärztekammer-Vizepräsident Stefan Ferenci warfen Steinhart vor, die Geschäftsordnung zu missachten.

Konflikt um Beschaffungsfirma

Hintergrund der Turbulenzen dürften unter anderem die von Huber ans Licht gebrachten Vorwürfe gegen die Beschaffungsplattform Equip4Ordi (E4O) sein. Bei dieser handelt es sich um eine ausgelagerte Tochtergesellschaft der Kurie niedergelassener Ärzte. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs – unter anderem wird auch Steinhart, der damals Obmann der Niedergelassenen-Kurie war, als Beschuldigter geführt. Dieser hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Huber selbst wiederum legte auch in dieser Causa nach: In der "Krone" (Samstag-Ausgabe) bringt er das Verhalten Steinharts bzw. seiner Vereinigung in Zusammenhang mit einer weiteren Anzeige von ihm gegen den Präsidenten. In dieser lege er der Staatsanwaltschaft Maßnahmen gegen Steinhart wegen Verdunklungsgefahr nahe – bis hin zu einer Verhaftung.