Es war wohl die kurioseste Kür eines Parteivorsitzenden in der österreichischen Politgeschichte, aber Andreas Babler wird es letztlich wenig jucken, dass er nicht vor jubelndem Parteivolk zum Chef der österreichischen Sozialdemokraten erklärt wurde. Der Traiskirchener Bürgermeister sieht sich auf einer Mission und die wird er wohl mit Freude verfolgen: Make the SPÖ great again, quasi.

An höherer politischer Erfahrung bietet der 50-Jährige bisher nur das Bürgermeisteramt einer Kleinstadt und wenige Sitzungen im Bundesrat. Dazu ist sein Linkskurs in der Bevölkerung aktuell weder mehrheitsfähig noch scheint mit diesem die Bildung einer Koalition in Sichtweite.

Repräsentant der reinen Lehre

Babler ist der Repräsentant der reinen Lehre in der SPÖ. Nimm den Reichen, gib den Armen, schwingt in seinen Reden stets im Unterton mit. Selbst in der Sozialistischen Jugend gehörte er zum linken Flügel. Dass seine jüngst bekannt gewordene fundamentale EU-Kritik die Delegierten nicht abschreckte, sagt einiges über die Partei, aber auch über das Standing seines unterlegenen Kontrahenten Hans Peter Doskozil.

Es ist nicht so, dass Babler in den vergangenen Jahren weniger gegen die Parteielite quergeschossen hätte als der burgenländische Landeshauptmann, doch ihm verzeiht man es. Babler ist leichter fassbar, typischer Bürgermeister, gerne beim Volk, legere Sprache, legere Kleidung, stets die Geschichte des Arbeiterkinds, das selbst Hackler war, vor sich hertragend.

Dazu ist er einer der wenigen deklariert Linken im Land, der eine Erfolgsgeschichte an der Wahlurne vorweisen kann. Seine Heimatstadt Traiskirchen ist Ort der größten Asyl-Erstaufnahmestelle Österreichs und trotz eines prononciert flüchtlingsfreundlichen Kurses konnte er für die SPÖ mehr als 70 Prozent lukrieren. Seine Wahl zum Bürgermeister erfolgte einstimmig.

Doppelbezug? Längst vergessen

Ob das wirklich mit seiner ideologischen Grundhaltung zusammenhängt, sei dahingestellt. Babler ist in Traiskirchen omnipräsent, zwischenzeitlich sogar mit einer Buschenschank. Egal, ob nun Basket- oder Baseball gespielt oder sonst wo gefeiert wird, die Bevölkerung wird ihren Bürgermeister zu sehen bekommen. Dass er sich dereinst für einen deklarierten Linken einen Doppelbezug gegönnt hatte, haben seine Fans längst vergessen.

Babler ist rhetorisch nicht überragend. Er neigt zu Pathos und Ausschweifungen, wird manchmal zu theoretisch, doch mit Lautstärke und Feuer trifft der verheiratete Vater einer Tochter das sozialdemokratische Herz. Dass er es bei der Mitgliederbefragung trotz struktureller Nachteile seiner Kampagne mit der Amtsinhaberin und einem Landeshauptmann aufnehmen konnte, nötigte sogar seinen Gegnern Respekt ab.

Keine verbrannte Erde

Was ihm zugetraut wird, ist, die Partei wieder einigermaßen zu einen. Auch wenn er gerne in Richtung Bundespartei meckerte, hat Babler keine verbrannte Erde hinterlassen. Geht er strategisch einigermaßen geschickt vor, könnten die Streitigkeiten der vergangenen Jahre zumindest pausieren, auch wenn der Frust in Eisenstadt nun unendlich groß sein muss.

Zugutekommt ihm, dass die SPÖ von einem historischen Tiefstand in die nächste Nationalratswahl zieht. Schon deutlich schwieriger sein wird es, mit seinem Programm einen Koalitionspartner zu finden. Denn selbst die Neos werden in Bablers Welt nicht viel Freude haben, von FPÖ und ÖVP ganz zu schweigen.

Sein Programm für den SPÖ-Vorsitz war breit. Kernpunkt ist die Arbeitszeitverkürzung. Doch auch einen milliardenschweren Klimaschwerpunkt würde er setzen wollen, das Land mit Gemeindebauten überziehen und die Vermögenden steuerlich stärker zur Kasse bitten. In der Flüchtlingspolitik bleibt Babler zwar vage, aber wofür er grundsätzlich steht, weiß man ohnehin. Ob die Österreicher das und ihn schätzen, wird sich 2024 zeigen. Davon wird auch die politische Zukunft des ehrgeizigen, neuen Vorsitzenden abhängen.