Der Prozess gegen den Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Johann Fuchs hat am Freitag am Innsbrucker Landesgericht begonnen, wurde aber vertagt. Als einziger Zeuge war der suspendierte Sektionsleiter Christian Pilnacek geladen, er ließ sich aber entschuldigen. Die nächste Verhandlung wurde für den 10. August angesetzt. 

Fuchs wird Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage vor dem U-Ausschuss vorgeworfen. Er soll im Dezember 2020 Aktenteile über eine Anzeige gegen eine "Presse"-Redakteurin an den suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek weitergegeben haben. Der Leiter der OStA Wien bekannte sich nicht schuldig und bestritt die Weitergabe. Aber selbst wenn er es getan hätte, "hätte ich auch kein Problem hier zu sagen, dass ich ihm die Dokumente geschickt habe, weil ich der Meinung bin, dass ich das dürfen hätte", hielt er fest.

Für Fuchs stellte die Anzeige einen "Angriff der Staatsanwaltschaft auf eine wesentliche Säule der Demokratie" dar, die er in seiner beruflichen Laufbahn so nie erlebt habe. Er habe versucht, "den Schaden so gering wie möglich zu halten", denn ein "Super-Gau" habe gedroht. Pilnacek sei für ihn ein geeigneter Ansprechpartner gewesen, durch die Konsultation seien auch keine "schutzwürdigen und privaten Interessen" verletzt worden, war der Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft überzeugt.

"Erheblicher Druck" im U-Ausschuss

Im Ibiza-Untersuchungsausschuss im März 2021 hatte er ausgesagt, sich nicht erinnern zu können, Aktenteile an Pilnacek weitergegeben zu haben. Dies sei eine "Einschätzung meiner Erinnerung", gab er nunmehr vor Gericht zu Protokoll. Er könne darin keine strafbare Handlung erkennen. Außerdem habe er versucht, seine Aussage so zu gestalten, um keine weiteren Angriffsflächen zu bieten.

Fuchs führte an, dass er damals unter "erheblichen Druck" gestanden habe, da sich die Befragung im U-Ausschuss direkt gegen seine Person gerichtet habe. Schließlich wurden im Ibiza-Verfahren von der OStA Entscheidungen getroffen, die von der WKStA und politischen Parteien öffentlich heftig kritisiert worden waren. Er fühle sich aber nur dem Rechtsstaat verpflichtet, hielt der Angeklagte fest.

Pilnacek war "immer gut informiert"

Für den anklagenden Staatsanwalt war dies ein "besonderes Verfahren", "weil es nicht alle Tage vorkommt, dass sich ein leitender Oberstaatsanwalt auf der Anklagebank wiederfindet". Anhand einer zeitlichen Rekonstruktion des Tages, an dem die Anzeige der WKStA bei der OStA landete, war für den öffentlichen Ankläger klar, dass nur Fuchs seinem Vertrauten Pilnacek die Aktenteile weitergegeben haben könne. Pilnacek sei aber nicht mehr zuständig für diese Causa gewesen, er habe ihm die Unterlagen nicht geben dürfen, war der öffentliche Ankläger überzeugt.

Dass Pilnacek, wie Fuchs berichtete, bereits bei ihrem Gespräch über die Anzeige gegen die Redakteurin informiert gewesen war, fand der Angeklagte wenig überraschend: "Er war immer gut informiert". Die Richterin zeigte sich darüber einigermaßen bestürzt: "Verstehe ich Sie da richtig, dass es öfter vorkommt, dass aus einem konkreten Ermittlungsverfahren Informationen nach außen dringen?". Sie würde das schon sehr "stutzig" machen, meinte die Vorsitzende.

Suche nach Datenlöschung um vier Uhr früh

Nachdem Fuchs im Untersuchungsausschuss ausgesagt hatte, wurde ihm einige Tage später das Handy abgenommen und beschlagnahmt. Dabei wurde ersichtlich, dass er sich kurz davor - "teilweise um vier Uhr früh", wie die Richterin berichtete - über Datenlöschung informiert hatte. Fuchs erklärte, dass er ein "technikaffiner Mensch" sei, es habe ihn nur interessiert - im Besonderen das Thema Wiederherstellung. Zudem sei über all dies, nach den veröffentlichten Chats von Thomas Schmid, viel in der Öffentlichkeit gesprochen worden.

Ebenfalls thematisiert wurde vor Gericht der Tag bzw. das Wochenende, an dem das Ibiza-Video veröffentlicht worden war und das Verhältnis zwischen OStA und WKStA. Letzteres sei nicht das Beste gewesen. Pilnacek hatte Fuchs via E-Mail gebeten, ihn dabei zu unterstützen, dass die WKStA "nicht vorprescht". Laut Fuchs sei es nur darum gegangen, wer die Kommunikation nach außen wahrnehme, damit nicht der Eindruck entstehe, "wie die aufgeschreckten Hendln" zu reagieren.

Die Anzeige gegen die Redakteurin wurde mangels Anfangsverdachts nicht weiter verfolgt. Im Falle einer Verurteilung drohen Fuchs bis zu drei Jahre Haft. Pilnacek wurde in derselben Causa bereits nicht rechtskräftig in Wien freigesprochen. Der suspendierte Sektionschef ließ sich am Freitag laut Richterin "berechtigt entschuldigen".