Dass der frühere ÖBAG-Chef Thomas Schmid sowie der steirische Investor Siegfried Wolf am ersten Ladungstag nicht vor dem U-Ausschuss aussagen wollten, könnte ihnen nun teuer kommen. Nach der Sitzung am Donnerstag beschlossen die Fraktionen einstimmig Anträge auf Beugestrafen sowie auf Androhung zur Vorführung gegen die beiden.

Weder Wolf noch Schmid hatten aus Sicht der Abgeordneten ausreichend Gründe vorgelegt. Wolf hatte angegeben, in Russland zu sein, dafür aber keine Beweise vorgelegt. Und Schmid hatte seinen Flug just gebucht, als er von der geplanten Ladung erfahren haben könnte.

Auf Verlangen von SPÖ, FPÖ und NEOS wurden auch zehn weitere Ladungen in den U-Ausschuss festgelegt. Als Auskunftspersonen kommen sollen unter anderen der suspendierte Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek und der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, beide durch Chats belastet, weiters die ins Zentrum von Justiz-Postenschacher-Vorwürfen gerückte Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs, Eva Marek, und der Finanz-Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist. Die Befragungen sollen im April und Mai stattfinden. Das nächste Mal tritt der U-Ausschuss am 30./31. März zusammen.

Fokus auf der Finanz

Nachdem gestern die "Hure für die Reichen" geladen war, soll heute im U-Ausschuss geklärt werden, wie es zur Inseraten-Affäre rund um die Meinungsforscherin Sabine Beinschab und zum millionenschweren Steuernachlass für den Investor Siegfried Wolf kommen konnte.

Der Sektionschef für Steuerrecht und Steuerpolitik, Gunter Mayr, zeigte sich am Nachmittag mit den Vorgängen rund um Wolf verärgert. Ihm "blute das Herz", wenn eine Handvoll Personen die Reputation des Finanzministeriums beschädigen würden, denn: "So ist die Verwaltung nicht, so ist die Beamtenschaft nicht".

Bis zur Schlussbesprechung sei alles "recht normal gelaufen", berichtete er über seine Befassung mit der Causa Wolf. Ungewöhnlich sei aber schon gewesen, dass ein Sektionschef mit einer derartigen Sache öfter befasst wird. Dann habe ihn Schmid zu sich zitiert, was ein "besonders unerfreulicher Termin" mit "persönlichen Vorwürfen und so weiter" gewesen sei. Der damalige Generalsekretär habe auch erwähnt, dass der Investorin Sachen Russland "dienlich" sei, so Mayr.

In einem gemeinsamen Telefonat hätten Schmid und die  Finanzamtsvorständin über "Sigi" geredet, weswegen die Auskunftsperson Befangenheit vermutete. Die Frau habe gemeint, man könne zwei Drittel besteuern, ein Drittel nicht.

Am Vormittag war der Leiter der Internen Revision des BMF geladen. Er ist seit 43 Jahren im Ressort tätig, seit fast 20 Jahren in dieser Funktion und erläuterte gleich in seinem Eingangsstatement den Ablauf der Überprüfung jener Studien der Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die im Mittelpunkt der Inserate-Causa stehen. Auch er selbst sei in den Vorgang Ende des vergangenen Jahres eingebunden gewesen. Der zeitliche Aufwand: 122 Tage.

Langer "Anhang"

Dabei wurde zunächst ein 144 Seiten langer Bericht erstellt und erst später in einem zweiten Schritt das öffentlich bekannte 19-seitige Papier fabriziert. Die Finanzprokuratur habe gewollt, dass dieser Anhang von der Akteineinsicht des U-Ausschusses ausgenommen werden sollte, erklärte der Leiter der Internen Revision, warum die Abgeordneten lange auf den umfassenderen Bericht warten mussten.

Die Anordnung zu Hausdurchsuchungen, in denen die zu prüfenden Vorwürfe gesammelt war, wurden nicht intern zur Verfügung gestellt. Der Leiter der Internen Revision musste das Dokument daher von der Online-Plattform "ZackZack" herunterladen.

Konkret habe man sich Inserate in die Mediengruppe Österreich angeschaut. Andere Medienunternehmen seien nicht auffällig gewesen. Beachtlich war hingegen der deutliche Anstieg des Inseratenbudgets im Finanzministerium. Waren 2015 noch drei Millionen Euro für Werbeschaltungen vorgesehen, stiegen die Ausgaben 2015 auf sechs und 2019 auf zwölf Millionen Euro. Dass Budgeterhöhungen in zweizeiligen Mails abgehandelt wurden, habe die Interne Revision in die Langfassung des Berichts aufgenommen.

Spezialbehandlung für Wolf

In der Causa Wolf gibt es hingegen "überhaupt nichts" von der Internen Revision, sagt ihr Leiter. Er habe das noch einmal überprüfen lassen, man habe das Thema aber weder selbst geprüft, noch wäre es den Prüfenden woanders als "Beifang" aufgefallen. Auch jetzt habe man keinen Prüfungsauftrag in der Causa Wolf erhalten – womöglich, weil es sich um einen Einzelfall handelt, sagt der Leiter der Internen Revision.

Am Nachmittag bot der mittlerweile pensionierte Fachvorstand des für Wolf zuständigen Finanzamts Einblicke in die mehr als umstrittenen Entscheidungen. Der Steuerakt des Investors sei "vorstandszuständig" gewesen, berichtete der Beamte, seine Vorgesetzte habe sich folglich vor allem darum gekümmert. Aus diesem Grund habe die Finanzamtschefin den dazugehörigen Aktenteil auch in ihrem Schrank aufbewahrt - samt der Selbstanzeige Wolfs, die dem Untersuchungsausschuss nicht vorliegt.

So viel Einmischung durch Spitzenbeamte des BMF habe es nur einmal in seiner Karriere gegeben, sagte der Fachvorstand. Wie die Steuerlast ursprünglich von elf auf sieben Millionen Euro reduziert wurde, wisse er nicht: "Wir wurden nur informiert, dass diese Lösung von beiden Seiten für richtig erachtet wurde".

Systemkorrektur

"Wir müssen überlegen, wie wir Systeme besser machen können", sagt ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger. Der Bericht der internen Revision zur Causa Beinschab sei dafür ein wichtiges Dokument.

Für die SPÖ geht es aber vor allem um die Causa Siegfried Wolf, sagt der rote Fraktionsvorsitzende Kai Jan Krainer. Die ÖVP agiere "wie ein Steuerberater für die Reichen und Mächtigen". Es gebe aber Beamte, die sich gegen Interventionen wehren würden – und dem Staat in der Causa Wolf mehrere Hunderttausend Euro sicherten. Auch der Zusatzbericht der internen Revision sei interessant, sagt Krainer. Denn "das ganze Kabinett" sei demnach eingebunden gewesen.

Neben den Studien Sabine Beinschabs gebe es auch weitere, sagt Nina Tomaselli (Grüne). Etwa jene "Medienmarktanalyse", in der das Finanzministerium Mitte 2019 die Rolle der Opposition abfragen ließ. Mitte 2019 gab es aber eine Expertenregierung und demnach keine Opposition. Die 587.000 Euro, die für Studien von Sabine Beinschab ausgegeben wurden, seien aus Forschungsmitteln bezahlt worden, kritisiert Tomaselli.