Es sind drei intensive Sitzungstage, die den Abgeordneten im Nationalrat heute bis Freitag bevorstehen. 80 Tagesordnungspunkte müssen abgearbeitet werden, unter anderem ist die Finalisierung des Home-Office-Paketes und die Behandlung von vier Volksbegehren.

Gleich zu Beginn des Sitzungstages wurde hitzig debattiert - mit Fokus auf Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Denn der heutige Sitzungstag begann mit einer "Aktuellen Stunde", deren Thema diesmal die Freiheitlichen festgelegt haben. Das FPÖ-Motto lautete: "Maskenbetrug, Testzwang und Impfdesaster - Übernehmen Sie Verantwortung für Chaos und gebrochene Versprechen, Herr Bundeskanzler!" Was folgte, war ein hitziger Schlagabtausch zwischen FPÖ-Klubchef Herbert Kickl und Bundeskanzler Kurz.

Der blaue Klubobmann konzentrierte sich dabei auf die bekannte Impfskepsis der Freiheitlichen. Selbst der Geschäftsführer des Impfstoff-Herstellers Pfizer habe in einem Interview im Februar u.a. erklärt, dass zur Frage des vollständigen Schutzes vor den Mutationen und auch zur Frage der Übertragung "kein gesichertes Wissen" vorhanden sei und erst Daten aus Israel beim Verständnis helfen würden.

"Sie agieren nicht wie ein Staatsmann"

Er frage sich daher, auf wessen Grundlage Israel daher den Grünen Pass für Geimpfte einführe, so Kickl. "Und wie um Himmels willen können Sie auf Idee kommen, das in Österreich einzuführen?", fragte er in Richtung Kurz. "Sie agieren nicht wie ein Staatsmann, der die Bevölkerung schützt, sondern wie ein Vertreter der Pharmaindustrie."

Der Bundeskanzler rechnete in seiner Replik mit der "Art und Weise", wie Kickl Politik betreibe, ab. "Sie halten sich nicht an die Regeln, sie verführen andere Menschen, sich auch nicht an die Regeln zu halten - und Sie gefährden damit Menschen in unserem Land." Während aktuell alles versucht werde, damit die Intensiv-Kapazitäten in Wien nicht überlastet werden, stifte Kickl die Menschen an, "sich möglichst wenig regelkonform zu verhalten". Dies sei "verantwortungslos".

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erklärte am Nachmittag bei der Beantwortung einer "Dringlichen Anfrage" der Neos zum Thema Impfstoffbeschaffung, Ziel sei es gewesen, ein "Risikoportfolio" abzudecken, also eine möglichst breite Streuung bei den Herstellern zu erreichen. Ob Österreich aus der vorgezogene Lieferung von zehn Mio. Dosen Biontech/Pfizer tatsächlich mehr als die garantierten 200.000 Impfdosen bekommt, sei Gegenstand von Verhandlungen.

"Eklat" um FPÖ-Maskenverweigerer

Noch vor der Debatte kam es bereits zum ersten "Eklat". Der ÖVP-Abgeordnete Michael Hammer meldete sich zu Wort und erklärte, sich angesichts der schweren Corona-Erkrankung des FPÖ-Landesparteichefs Manfred Haimbuchner im hohen Haus nicht sicher zu fühlen, da die FPÖ auf Masken dort verzichte. Er werde die Sitzung via Live-Stream aus seinem Büro verfolgen, erklärte er und verließ den Saal. Einige ÖVP-Abgeordnete folgten ihm. Die FPÖ reagierte erbost, es sei ein Skandal, dass man aus einer Erkrankung "politisches Kleingeld" schlage.

Der Livestream aus dem Nationalrat:

Mindestleistung für Studienanfänger, Antisemitismus-Strategie

Der wohl größte Tagesordnungspunkt abseits der Debatten ist jedoch die Universitätsgesetz-Novelle. Der Nationalrat hat diese mit den Stimmen der Koalition angenommen worden. Konkret ist die Einführung einer Mindeststudienleistung für Studienanfänger von 16 ECTS-Punkten innerhalb der ersten vier Semester vorgesehen.

Allzu viel ist das nicht. Diese Zahl an ECTS-Punkten entspricht knapp einem Achtel jener Leistung, die es für die Mindeststudiendauer bräuchte. Dennoch empörte sich die SPÖ. Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl meinte, dass angesichts der widrigen Umstände durch die Pandemie jetzt Unterstützung und nicht Verschärfung angebracht wäre. Ihre Parteikollegin Katharina Kucharowits verwies auf Studenten mit Jobs oder Pflegeverpflichtungen.

Zudem wurde gegen die Stimmen der FPÖ eine nationale Antisemitismus-Strategie verabschiedet. Es handelt sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der die Bereiche Bildung und Ausbildung, Forschung, Sicherheit und Justiz ebenso umfasst wie die Integration und die Zivilgesellschaft. Insgesamt sind 38 Einzelmaßnahmen in Planung.

Mehr Geld für Familien, keine Anpassung bei Mieten

Mehr Geld in Form von Corona-Hilfen wird es für Familien geben. Der größte Finanzbrocken ist hier für Familienbeihilfebezieher vorgesehen. Wer in den letzten Monaten ungerechtfertigterweise Beihilfe bezogen hat, muss diese nicht zurückzahlen. Mehr dazu lesen Sie hier. 102 Millionen sind dafür vorgesehen. Der ebenfalls für Familien eingerichtete Härtefonds wird um 50 Millionen aufgestockt. Einkommensschwache Familien sollen Hilfsgelder in Höhe von 26 Millionen bekommen. Jenen, die Sozialhilfe oder Mindestsicherung beziehen, soll zudem eine Einmalzahlung von 200 Euro winken, was sich mit 14 Millionen zu Buche schlagen würde. Extra Förderungen gibt es auch für Alleinerziehende.

Auch Mieter sollen entlastet werden, indem die Anpassung der Richtwert- und Kategoriemieten verschoben wird. Die Anpassung erfolgt alle zwei Jahre und wäre heuer fällig gewesen. Die nächste folgt 2022, die übernächste aber schon 2023.

Geht es nach der SPÖ, soll es künftig transparentere Asyl-Zahlen geben. Die Sozialdemokraten bringen dazu einen entsprechenden Entschließungsantrag ein. Die Regierung selbst hat Zustimmung signalisiert, was die Erstellung eines Evaluierungsberichtes betrifft, der Transparenz und Veröffentlichung dieser Daten beleuchten soll.

Home-Office-Regelung und 1-2-3-Ticket

Morgen wird das wichtigste Thema im Nationalrat die Home-Office-Regelung sein. Der steuerliche Teil ist bereits in trockenen Tüchern, nun soll der arbeitsrechtliche Bereich nachziehen. Darin sind die genauen Umstände der Arbeit von zuhause festgehalten, ebenso wie die Frage der Haftung bei Schäden. Ein Beispiel dafür wäre eine Beschädigung des Laptops, den der Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Übrigens auch dann, wenn dieser von einer anderen, mit dem Dienstnehmer im gleichen Haushalt lebenden Person verursacht wurde.

Ebenfalls morgen soll auch das geplante 1-2-3-Ticket thematisiert werden. Dazu soll eine eigene One-Mobility-GmbH durch das Verkehrsministerium eingerichtet werden - gemeinsam mit Verkehrsverbünden und Verkehrsbetrieben. Damit soll ein weiterer "großer Schritt zur Einführung" erfolgen, wie Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Vorfeld betonte.

Am Freitag steht die Behandlung von gleich vier Volksbegehren auf dem Plan. Unter anderem geht es um die Themen Klima, den Austritt aus dem Atom-Programm Euratom, eine Reduzierung von Österreichs Asylkosten und um ein Begehren, das das Volk über ein Rauchverbot in der Gastronomie entscheiden lassen will.