Um nach den Turbulenzen in der Causa Blümel wieder in die Gänge zu kommen, hofft die Koalition auf einen Befreiungsschlag. So wollen ÖVP und Grüne einen Bundesstaatsanwalt einsetzen, die Parteifinanzierung reformieren, das Amtsgeheimnis abschaffen. Der langjährige Staatsanwalt und jetzige Vorstand von Transparency International, Georg Krakow, bleibt abwartend im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „Es ist schwierig zu sagen, ob es ein großer oder kleiner Schritt ist. Ich hoffe, es ist kein Placebo.“ Um eine endgültige Beurteilung abzugeben, bedürfe es der konkreten Textvorschläge. "Der Teufel steckt im Detail."

Krakow sah die Schaffung eines Bundesstaatsanwalts bisher immer skeptisch, kann sich aber ein solches Modell durchaus vorstellen. Ein Bundesstaatsanwaltsollte für zehn oder zwölf Jahre und nur für eine Periode ernannt werden. „Ich bin für eine lange Dauer ohne Wiederbestellungsmöglichkeit, um zu verhindern, dass jemand auf eine Wiederbestellung schielt.“ Er sollte auf Vorschlag der Regierung vom Bundespräsidenten ernannt werden, eine Einbindung des Parlaments oder ein Vorladungsrecht lehnt Krakow ab: „Man stelle sich vor, es wird in einer sensiblen Causa ermittelt und er muss den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Da kommt sofort ein politischer Spin hinein.“ Man müsse die Staatsanwälte arbeiten lassen, allerdings müsse auch ein „effektiver Rechtsschutz“ garantiert werden.  Dass der Bundesstaatsanwalt von einer Gruppe honoriger Juristen bestellt wird, hält Krakow für eine schlechte Idee.  

Jeder Verein müsste erfasst werden

Krakow ist skeptisch, ob im Zuge der Reform der Parteifinanzen alle Umgehungskonstruktionen verhindert werden. „Man bekommt das Thema nur in den Griff, wenn man eine Neudefinition der Empfänger vornimmt.“ Derzeit ziele man nur auf Parteien, Unternehmen und Organisationen, die den Parteien gehören, ab. Künftig müsste jede Organisation, jeder Verein, jedes Komitee, das für eine Partei wirbt, erfasst werden – unabhängig davon, ob es eine formelle Verbindung zur Partei gibt. Erfasst werden müsse auch das Sponsoring, das meist ohne konkrete Gegenleistung erfolge.

Dass die Regierung dem Rechnungshof Einschaurechte in die Parteifinanzen nur „bei konkreten Anhaltspunkten“ gewähren wolle, lehnt Krakow ab. „Das ist eine halbe Lösung. Der Rechnungshof muss selbst entscheiden, was er für prüfenswert hält.“ Daran geknüpft sei allerdings eine strenge Verschwiegenheitspflicht. „Es kann nicht sein, dass die anderen Parteien dann nachlesen können, was die Konkurrenz gerade plant.“

Amtsgeheimnis auch bei Ländern, Gemeinden abschaffen

Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses dürfe sich nicht nur auf den Bund beschränken, sondern müsse alle Länder und Gemeinden umfassen. „Es geht weniger darum, dass man nachschauen kann, welche Baubewilligung der Nachbar hat, sondern dass man sich ein Bild machen kann, was die Politik die Gesundheits- oder Verkehrsbereich so plant oder welche Studien eingeholt wird  Wenn man sich dazu bekennt, dass wir eine Demokratie sind, in der die Bürger das Sagen haben, dann ist es sinnvoll, dass sich Bürger umfassend über das Staatsgeschehen informieren können.“ Entscheidend werde sein, wie die Ausnahmen gestaltet sein, ob auch alle staatsnahen Unternehmen erfasst sind, wie die Betriiebs- und Geschäftsgeheimnisse definiert sein. Dass der Bürger erst nach acht Wochen Auskunft erhält, sei zu lang. „In Europa sind 20 Tage die Norm.“