Fahnenschwenkende Unterstützer, laut dröhnende Volksmusik, allerdings keines der üblichen Bierzelte. Mehrere hundert Fans vom „Original“ haben sich am Viktor-Adler-Markt versammelt, um „unseren HC“ zu bejubeln und ein gemeinsames "Fest der Freiheit" zu feiern.

Als Strache selfie-schießend die Bühne betritt, jubelt die Menge und skandiert „HC“-Sprechgesänge. Begleitet wird er von den, wie Cheerleader wirkenden, weiteren Kandidatinnen und Kandidaten der "Liste HC".  Strache schwärmt davon, wie schön es sei, in seinem „Wohnzimmer Favoriten“ so herzlich empfangen zu werden.

Kein Zufall: Der Veranstaltungsort

Es ist kein Zufall, dass Heinz-Christian Strache ausgerechnet an diesem, nach dem Gründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei benannten Platz unter anderem über jene Partei herzieht, die ihn vor nicht einmal einem Jahr ausgeschlossen hatte. Nicht nur wird hier zwei Tage später die FPÖ selbst ihre Schlusskundgebung veranstalten. Schon die Freiheitlichen unter Jörg Haider veranstalteten auf diesem Markt regelmäßig Wahlkampf-Partys. Der 2008 verstorbene Politiker fand sogar seinen Weg in Straches knapp einstündige Rede. „Jörg Haider konnte sich nicht gegen die Anpatzungen und Verleumder wehren“ bevor er 2008 verstarb, „doch ich werde mich wehren, denn ich lebe noch“, verspricht Strache. Keine Minute dauert die Ansprache, bis Strache von einem „politischen Attentat“ gegen seine Person spricht.

Auch seine Anhänger sehen ihn als das große Opfer der vergangenen Monate, vor allem seit dem Ibiza-Skandal. Ein junger Vater, der auch seine beiden Kinder samt Kinderwagen mitgebracht hat und seine Rasta-Locken unter einer Mütze versteckt, sagt, diejenigen „die ihn angepatzt haben, sind eigentlich die mit deutlich mehr Dreck am Stecken“. Unterbrochen werden wir von einer Dame, die meinem Interviewpartner, der nur einen Schal trägt, eine Maske hinhält: „Die Polizei hat uns schon abgemahnt!“

Wider den „Corona-Wahnsinn“

Mehrmals wird man an diesem Nachmittag vom Moderator der Veranstaltung, aber auch von parteieigenen Ordnern darauf hingewiesen, den Sicherheitsabstand einzuhalten und Masken zu tragen. Viele leisten diesen Anweisungen Folge und tragen ihren Mund-Nasen-Schutz mit dem „Team Strache“-Logo, die von „einer unserer Unterstützerinnen selbst genäht wurde“, wie ein Strache-Anhänger stolz erzählt. Die Pandemie und vor allem der „Corona-Wahnsinn“ der Regierung, der "Raub der Freiheits- und Grundrechte“ sind Strache ein besonderer Dorn im Auge. Er beruft sich mit seiner Kritik auf Experten wie Hendrik Streeck, die „keine coronabedingte Überbelastung und Übersterblichkeit sehen“. Unter frenetischem Applaus verspricht er eine „Corona-Bürgerrache mit HC Strache“ und ein österreichweites Volksbegehren gegen den „Irrsinn der Corona-Maßnahmen“, so er denn in den Gemeinderat einziehen darf.

Anders als Kurz im Kleinwalsertal, mit Maske
Anders als Kurz im Kleinwalsertal, mit Maske © APA/HERBERT PFARRHOFER

Favoritener Vielfalt

Ein Herr mit Vollbart, dem ein Haushaltswarengeschäft mit türkischem Namen gehört, und der die Szene beobachtet, schüttelt nur den Kopf. Ihm seien all die Politiker egal. Er wohne schon seit 13 Jahren in Wien, dürfe aber ohnehin nicht wählen. Auf die Frage, wen er denn wählen würde, wenn er dürfte, entgegnet er mit einem Blick auf die Bühne: „Weiß ich nicht genau, den da aber sicher nicht.“ Gleich vor dem Geschäft sitzt eine Gruppe junger Damen mit bunten Haaren. Sie werden von einigen der zahlreich anwesenden Polizeibeamten nach ihren Ausweisen gefragt. Zwei von ihnen haben DIN-A4-Seiten mit der Aufschrift „Nazis stinken!“ auf ihren Jacken kleben. Das würde doch „hier bestimmt niemanden stören“. Sie sind Anrainer, wohnen hier und lieben die „Favoritener Vielfalt“.

Diese Vielfalt versucht auch Heinz-Christian Strache anzusprechen. Er zitiert Viktor Frankl und sagt, es gebe „nur zwei Rassen von Menschen. Die Anständigen und die Unanständigen“. Wenn Migranten sich integrieren und anständiger Arbeit nachgehen sind sie „beim Team Strache herzlich willkommen“. Was man aber nicht wolle, seien „Kriminelle und Sozialschmarotzer“. Gemeinsam will man „den Mächtigen wehtun“. Diese mehrmals betonte Gemeinsamkeit soll den schlechten Umfragen zum Trotz zu einer „prozentuellen Zweistelligkeit“ führen und dazu, dass er „wie der Phoenix aus der Asche steigen“ wird, poltert Heinz-Christian Strache in sein Mikrophon, bevor ein Konfetti Regen seine Ansprache beendet und er ein Bad in der Menge nimmt. Wohlgemerkt mit Mund-Nasen-Schutz.