Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hält offenbar die Wiederbestellung von Peter Gridling als Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zurück. Wie der "Falter" am Montag vorab berichtete, hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Urkunde eigentlich im Februar schon unterschrieben.

Am vergangenen Freitag hatte Kickl Gridling erstmals offen als BVT-Chef infrage gestellt. Angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe könne er "ja nicht so tun, als ob das nichts wäre", sagte Kickl zur APA. Eine Entscheidung zur Zukunft Gridlings, der sich derzeit auf Urlaub befindet, kündigte Kickl für die erste Hälfte dieser Woche an.

Laut Gridlings Dienstakte, aus der der "Falter" zitiert, hat Kickl den BVT-Chef am 31. Jänner mit seiner Unterschrift bestellt - da ihm das Ausschreibungsgesetz keine andere Wahl gelassen habe. Laut Gesetz wäre es ihm "spätestens drei Monate vor Ablauf der Bestellungsdauer schriftlich mitzuteilen" gewesen, falls er nicht neuerlich mit derselben Funktion  betraut wird. Das soll bei Gridling, dessen Vertrag am 20. März ausläuft, eben nicht passiert sein.

Gemäß dem Prozedere langte dann am 14. Februar das Bestellungsdekret in der Hofburg ein, damit es von Van der Bellen gegenzeichnet wird, was dieser am 19. Februar tat. Danach wurde es wieder ans Innenministerium retourniert. Laut "Falter" hielt am 28. Februar BMI-Generalsekretär Peter Goldgruber das Dekret in Händen und verweigerte die Unterfertigung und Zustellung an Gridling - weil gegen ihn ja nun die Justiz wegen Amtsmissbrauch ermittle. Goldgruber selbst hatte aber laut "Falter" davor die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen Gridling erstattet, woraufhin es zu den umstrittenen Hausdurchsuchungen beim BVT kam.

In Kickls Büro wollte man den Bericht auf APA-Anfrage nicht kommentieren und verwies lediglich darauf, dass für den morgigen Dienstag ein Pressestatement geplant sei.

ÖVP geht auf Distanz zu Kickl

ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon trat in der ZIB 2 am Montag Kritik am Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) entgegen - und verteidigte dessen Leiter Peter Gridling, den Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) infrage gestellt hatte. Deutliche Skepsis zeigte Amon in der "ZiB2" gegenüber den Hausdurchsuchungen mithilfe einer von einem FPÖ-Funktionär geleiteten Straßenkriminalitäts-Einheit.

Das BVT habe in den letzten Jahren "exzellente Arbeit geleistet", mit Gridling hätten "wir in den letzten Jahren immer sehr gut zusammengearbeitet", sagte Amon, der auch Obmann des ständigen Unterausschusses zur Kontrolle der Nachrichtendienste ist. Er hoffe nicht, dass es bei der - von Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber erstatteten - Anzeige und den Ermittlungen um eine Umfärbeaktion im (bisher VP-dominierten, Anmerkung) BVT gehe. Dazu bestehe auch kein Anlass, Gridling habe das Amt "sehr gut geführt", trat Amon Vorwürfen von Missständen, "Günstlings"-Bestellungen und korrupten Strukturen entgegen. Diese hat Ex-BVT-Chef Gerhard Polli vorgebracht, sie sind in einer anonymen Anzeige - und auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte solche Vorwürfe in den Raum gestellt.

Vorwürfe Jahre zurück

Deren Ursprung liege Jahre zurück, merkte Amon an - und zeigte auch deshalb wenig Verständnis für die Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zusammen mit der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS). Solche Maßnahmen im Amt und in Privatwohnungen seien "keine normalen Vorgänge" - und "man muss mir schon erklären, warum man plötzlich eine Hausdurchsuchung durchführen muss" und das nicht am Dienstweg habe überprüfen können, meinte der ÖVP-Politiker. Dass auch Dateien über eine Neonazi-Aktivistin beschlagnahmt worden sein sollen, "irritiert" Amon. Insgesamt sei die "doch sehr massive Vorgangsweise" zu überprüfen, verwies er auf die vom ÖVP-Justizminister eingeleitete Untersuchung.

Was die ÖVP von einem - von der SPÖ erwogenen - Untersuchungsausschuss zu dieser Causa sagt, konnte Amon noch nicht sagen, weil man darüber im Klub noch nicht beraten habe.

Vorwurf des Amtsmissbrauches

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim stellt nun die Frage in den Raum, ob ein Amtsmissbrauch durch Kickl vorliegt. Offenbar sei im Innenministerium "eine Intrige gesponnen" worden, um den schwarzen BVT-Leiter Gridling, "abzuschießen". Sollten diese Vorwürfe zutreffen, dann seien dafür Teile der Justiz und des Polizeiapparates missbraucht worden, kritisierte Jarolim in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Das wäre dann der klassische Fall von Amtsmissbrauch durch Innenminister Kickl" - dann wäre der Minister rücktrittsreif. Der SPÖ-Justizsprecher forderte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf, "für ein Ende dieses unwürdigen Schauspiels zu sorgen".

Als "hanebüchen und billigste Polemik" bezeichnete indes FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan die "derzeitige Panikmache und politische Agitation" rund um das Ermittlungsverfahren im BVT. Der Vorwurf an Kickl, in seinem Ministerium eine politische Umfärbeaktion durchführen zu wollen, um freiheitliche Beamte zu installieren, sei "völlig absurd".