Rund 200 ehemalige und aktive israelische Kampfpiloten haben vor dem Militärhauptquartier in Tel Aviv für ein Ende des Gazakriegs und eine Vereinbarung für die Freilassung der Geiseln demonstriert. Das israelische Nachrichtenportal „ynet“ berichtete, es handle sich um pensionierte Piloten sowie Reservisten. Der ehemalige Generalstabschef Dan Chalutz rief auf der Bühne: „Genug! Beendet diesen törichten Krieg.“
Bei dem Protest wurde ein Brief der Ehefrau eines israelischen Navigators verlesen, dessen Kampfflugzeug 1986 im Libanon abgestürzt war. Ron Arad wurde damals gefangen genommen, sein Schicksal ist bis heute ungeklärt.
„Vor 39 Jahren habe ich versucht zu erklären, dass Rons Zeit abläuft“, hieß es in dem Brief von Tami Arad. „Niemand glaubte damals, dass ein lebender Gefangener einfach von der Welt verschwinden könnte. Heute wissen die Entscheidungsträger, was passieren kann - und trotzdem hat die israelische Regierung beschlossen, Gaza einzunehmen.“
Gaza im Visier
Israels neuer Kriegsplan sieht laut Ministerpräsident Benjamin Netanyahu neben der Einnahme der Stadt Gaza auch die Zerschlagung der Hamas in den zentralen Flüchtlingslagern des Gazastreifens vor. Internationale Vermittler unternehmen angesichts der drohenden Ausweitung des Krieges Anstrengungen zur Wiederaufnahme der indirekten Gespräche zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Nach Angaben aus ägyptischen Sicherheitskreisen kam am Dienstag eine Hamas-Delegation zu Gesprächen nach Kairo.
Netanyahu sagte dem Sender „i24news“, er sei nicht mehr zu einem „Teil-Abkommen“ mit der Hamas bereit. Man strebe stattdessen einen Deal an, in dessen Rahmen alle 50 restlichen Geiseln - die Lebenden und die Toten - gleichzeitig freikommen. Die Hamas fordert im Gegenzug ein vollständiges Ende des fast zweijährigen Krieges und einen Abzug der israelischen Truppen.
Aktuelle Lage und Historie
Insgesamt sechs Journalisten bei Angriff in Gaza getötet
Bei einem israelischen Angriff in Gaza-Stadt sind am Sonntagabend insgesamt sechs palästinensische Journalisten getötet worden. Neben vier Journalisten des TV-Senders Al-Jazeera und einem freiberuflichen Kameramann sei auch ein freier Reporter unter den Toten, teilte die Organisation Reporter ohne Grenzen mit. Der Journalist Anas al-Sharif wurde zusammen mit seinen Kollegen bei einem „mutmaßlich gezielten israelischen Angriff“ getötet, berichtete der katarische Sender.
Al-Jazeera hatte ursprünglich mitgeteilt, dass fünf Mitarbeiter getötet worden seien, dann aber klargestellt, dass es sich um vier seiner Journalisten und einen freiberuflichen Kameramann handelte. Ein Angriff der israelischen Armee habe ein Zelt für Journalisten vor dem Haupttor des Al-Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza getroffen.
„Vor kurzem hat die IDF in der Stadt Gaza den Terroristen Anas al-Sharif getroffen, der sich als Journalist für den Sender Al-Jazeera ausgab“, erklärte die israelische Armee (IDF) am späten Sonntag im Onlinedienst Telegram. Al-Sharif sei „ein Anführer einer Terrorzelle der Terrororganisation Hamas und verantwortlich für Raketenangriffe auf israelische Zivilisten und IDF-Truppen“ gewesen.
Al-Jazeera: Keine Beweise für israelische Behauptungen
Der arabische Sender erklärte dazu, das israelische Militär habe keine von unabhängigen internationalen Stellen verifizierten Unterlagen vorgelegt, die diese Behauptung belegen würden. Die UNO-Sonderberichterstatterin Irene Khan hatte bereits im vergangenen Monat erklärt, dass die israelischen Behauptungen unbegründet seien.
Israels Armee verwies dagegen auf nachrichtendienstliche Informationen und im Gazastreifen gefundene Dokumente, die die militärische Zugehörigkeit von Anas al-Sharif zur Hamas belegen würden. Al-Sharif sei verantwortlich für die Durchführung von Raketenangriffen auf israelische Zivilisten und Soldaten gewesen. Zu den anderen vier Opfern des Angriffs äußerte sich das Militär nicht.
Prominentes Gesicht der Berichterstattung aus Gaza
Al-Sharif war einer der bekanntesten Reporter des arabischsprachigen Senders im Gazastreifen. Er berichtete seit Ausbruch des Gaza-Kriegs am 7. Oktober 2023 über die Geschehnisse vor Ort. Besonders in der arabischen Welt galt der 28-Jährige als prominentes Gesicht der Berichterstattung aus Gaza. Der in Katar ansässige Sender verurteilte den Angriff als einen weiteren „vorsätzlich geplanten Angriff auf die Pressefreiheit.“ Al-Sharif und seine Kollegen seien eine der letzten öffentlichen Stimmen aus Gaza gewesen. Neben al-Sharif seien dabei auch der Al-Jazeera-Korrespondent Mohammed Qriqea und die Kameramänner Ebrahim Zaher, Moamen Aliwa sowie deren Assistent Muhammed Nofal getötet worden.
Zuvor am Sonntag hatte al-Sharif im Onlinedienst X von „intensiver, konzentrierter israelischer Bombardierung der Stadt Gaza“ berichtet. Einer seiner letzten Beiträge enthielt ein kurzes Video, das israelische Angriffe auf die Stadt zeigte.
Große Menschenmengen säumten am Tag danach den letzten Weg der Getöteten zum Scheich-Radwan-Friedhof in der Stadt Gaza, berichtete Al-Jazeera unter Berufung auf verifizierte Clips in den sozialen Medien. Freunde, Kollegen und Verwandte umarmten und trösteten einander. Ein Mann reckte eine Schutzweste mit der Aufschrift „Press“ in die Höhe, während andere ihre Tränen wegwischten.