Die WTO braucht Erneuerung – und die bekommt sie: Mit der renommierten Entwicklungsökonomin Ngozi Okonjo-Iweala bekommt die Welthandelsorganisation erstmals eine Chefin – und was für eine! Die 66-Jährige hat Kämpfe gefochten und gewonnen, die sich andere kaum vorstellen können.

1954 wurde sie in Nigeria als Tochter zweier Wirtschaftsprofessoren geboren. Als der Bürgerkrieg ausbrach, war sie 14. Die Familie verlor alles. Als ihre dreijährige Schwester an Malaria erkrankte, der Vater an der Front und die Mutter krank, schleppte sie die Kleine auf ihrem Rücken meilenweit zum Arzt, kämpfte sich durch die Menge und kletterte durchs Fenster, um rechtzeitig Hilfe zu bekommen. Sie rettete ihrer Schwester das Leben.

Harte Verhandlerin

Als sie älter wurde, zog sie in die USA und studierte an den Elite-Universitäten Harvard (magna cum laude) und MIT Wirtschaftswissenschaften und Entwicklungsökonomie, heiratete einen Neurochirurgen. Am internationalen Parkett ist sie zu Hause: 21 Jahre lang arbeitete Ngozi Okonjo-Iweala für die Weltbank, unter anderem als deren Vize-Präsidentin; sie gilt als erfahrene und harte Verhandlerin.

Zweimal kehrte sie aus den USA in ihre Heimat Nigeria zurück, um als Finanzministerin gegen die Korruption in den Ring zu steigen. Ihr Ziel: die Öleinnahmen, die in undurchsichtigen Kanälen verschwanden, in höherem Maße der Bevölkerung zukommen zu lassen - für sauberes Wasser, Schulen und Gesundheit. Sie entließ korrupte Beamte, schnitt die Bürokratie zurück, kämpfte gegen Öldiebstahl. Als ihre eigene Mutter entführt wurde, um sie zum Rücktritt zu zwingen, zeigte sie sich unnachgiebig. Die Mutter kam frei.

Ms. 100 Prozent

Das „Time Magazine“ kürte sie 2004 zur „Heldin des Jahres“; 2005 wurde sie „Finanzministerin des Jahres“; „Forbes“ zählte sie 2020 zu den 50 mächtigsten Frauen Afrikas. „Sie ist überzeugt, dass man sein Leben nicht nur für sich selbst hat, sondern um anderen Menschen beizustehen“, sagte einst ihr Sohn Uzo über sie. Wenn sie eine Aufgabe übernehme, widme sie sich dieser zu hundert Prozent.

Bring Farbe ins Leben


Übersehen kann man Ngozi Okonjo-Iweala nicht: Obwohl sie fast ihr gesamtes Berufsleben unter Anzugträgern verbrachte, behielt sie ihre bunt gemusterten Kleider mit imposant gebundenem Kopftuch bei: Sie habe sich einst für die traditionelle nigerianische Kleidung entschieden, als es schnell gehen musste, wenn sie ihre vier Kinder morgens zur Schule brachte, berichtete sie 2012 der BBC. Sie sei dabei geblieben.
Mit Eitelkeit und Pfauenrad hat sie trotz ihrer Meriten wenig am Hut. Frauen, glaubt Ngozi Okonjo-Iweala, lassen ihr Ego weniger heraushängen. „Wenn es darum geht, meinen Job gut zu erledigen, stecke ich mein Ego in meine Handtasche“.