Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat den Abgeordneten des Unterhauses die Abstimmung über ein zweites Referendum über den EU-Austritt in Aussicht gestellt - wenn sie dem Brexit-Abkommen mit der EU zustimmen. Es handle sich um "die letzte Chance", den Stillstand beim EU-Austritt zu beenden, sagte May am Dienstag in London.

Den Gesetzentwurf, über den die Abgeordneten im nächsten Monat abstimmen sollen, bezeichnete die Regierungschefin als "neuen Brexit-Deal". Der neue Entwurf sieht laut May zudem vor, dass das Parlament darüber abstimmen darf, ob das Vereinigte Königreich für eine gewisse Zeit in einer Zollunion mit der EU verbleiben soll.

Das Unterhaus hatte das Brexit-Abkommen in den vergangenen Monaten dreimal abgelehnt. Am Freitag brach die oppositionelle Labour-Partei die Verhandlungen mit der konservativen Regierungschefin über einen Brexit-Kompromiss nach sechs Wochen ab. Daraufhin hatte May ein "kühnes Angebot" angekündigt.

May umwirbt die Opposition

May umwirbt vor einem neuen Votum über ihr Brexit-Gesetz die Opposition mit Zugeständnissen. Der neue Entwurf werde eine Abstimmung der Abgeordneten über ein zweites Referendum zum EU-Austritt enthalten, kündigte May an. Zudem seien darin engere Handelsbeziehungen zur EU vorgesehen.

Unklar blieb, ob May damit genug Unterstützung für die für Juni geplante vierte Abstimmung gewinnen kann. Die oppositionelle Labour-Partei und Brexit-Befürworter in ihrer eigenen Konservativen Partei kritisierten ihre Vorschläge. Die Frist für den Austritt läuft am 31. Oktober aus.

May wandte sich in ihrer Rede am Hauptsitz der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers an die Abgeordneten im Unterhaus. "Ich bin Kompromisse eingegangenen, jetzt bitte ich Sie, Kompromisse einzugehen", sagte sie. Sie sei sich bewusst, welche emotionale Bedeutung die Frage eines zweiten Referendums für die Abgeordneten habe. Wer von ihnen dies wünsche, müsse nun für ihren neuen Gesetzesvorschlag stimmen.

Mays Sprecher erklärte, die Entscheidung über eine zweite Volksabstimmung solle während einer der frühen Lesungen des Gesetzes fallen. Die Regierungschefin selbst sei weiter gegen ein zweites Referendum.

Die ersten Reaktionen auf Mays Vorschläge fielen negativ aus. Labour-Chef Jeremy Corbyn lehnte die Änderungen als unzureichend ab. Insbesondere sei keine Zollunion mit der EU geplant. Eine solche fordert seine Partei.

Der konservative Abgeordnete Simon Clarke schrieb auf Twitter, er habe zwar May bei dem dritten Anlauf im Parlament noch unterstützt. Nun werde er jedoch wegen der Zugeständnisse gegen den neuen Entwurf stimmen müssen. "Das ist ungeheuerlich", kommentierte er die Pläne.

Die nordirische DUP, die Mays Regierung stützt, zeigte sich ebenfalls skeptisch. Ziel müsse sein, die "fatalen Fehler" im eigentlichen Brexit-Abkommen mit der EU zu beseitigen. Die EU-Kommission hat Neuverhandlungen wiederholt abgelehnt.

Der ehemalige Minister David Jones von den Tories sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Mays Rede sei "inakzeptabel". Die meisten Konservativen würden vermutlich gegen den Entwurf stimmen. Zudem habe die Premierministerin damit kurz vor der Europa-Wahl wohl den EU-Gegnern der Brexit Party von Nigel Farage Auftrieb gegeben. In Großbritannien findet die Wahl am Donnerstag statt, in Österreich am Sonntag.