Martin Kocher, ehemaliger Arbeitsminister, warnt auf X davor, dass die EU „aus einem Impuls heraus mit Gegenmaßnahmen den Handelskonflikt verschärft“. Maßnahmen müssten „symbolträchtig und strategisch klug“ ausgearbeitet sein. Genau das versprechen nun aber Ratspräsident António Costa und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich beide gerade bei einem Zentralasien-Gipfel in Usbekistan aufhalten. Die EU bereite eine entsprechende Antwort vor, wolle aber auf jeden Fall gesprächsbereit bleiben, so von der Leyen: „Wir finalisieren bereits das erste Maßnahmenpaket als Reaktion auf die Stahlzölle und bereiten nun weitere Maßnahmen vor, um unsere Interessen und Unternehmen zu schützen, falls die Verhandlungen scheitern.“
Costa wies darauf hin, dass die EU nun dabei sei, weitere Freihandelsabkommen abzuschließen; das fertig verhandelte Mercosur-Abkommen, die Erneuerung der Handelsbeziehungen zu Mexiko sollten so rasch wie möglich ratifiziert, jene mit Indien intensiviert werden.
Was Trump wirklich will
EU-Abgeordneter Bernd Lange (S&D), Vorsitzender des Handelsausschusses, sagte in einer ersten Reaktion vor Journalisten in Straßburg, Trump würde es in Wirklichkeit gar nicht um Zölle gehen, er wolle aber Druck aufbauen, um seine wahren Ziele zu erreichen: „Es geht ihm bei uns um die europäischen Gesetze, die Standards zu Verbraucherschutz, Chemikalien, Regelungen im Digitalbereich – das alles wird in der EU entschieden und ist nicht verhandelbar.“ Lange fürchtet, dass der globale Süden besonders betroffen sein wird. Die EU habe einen „gut ausgestatteten Instrumentenkasten und den werden wir auch anwenden“. Allerdings brauche das etwas Zeit. Man müsse die Gegenmaßnahmen so gestalten, dass der Schaden in Europa nicht größer werde, vor allem für die Menschen. Und sie müssten im Einklang mit den WTO-Regeln sein. Das relativ neue EU-Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen (ACI) liege auch auf dem Tisch, es sei allerdings „die stärkste Waffe, die wir haben“ und somit nicht das erste Mittel. Lange reist kommende Woche nach Washington: „Ich werde versuchen, mit Repräsentantenhaus, Senat und Handelsministerium auszuloten, wo wir stehen. Aber die Fäden laufen alle bei Donald Trump zusammen.“
Ähnlich äußerte sich Jörgen Warborn, EVP-Sprecher für internationalen Handel. Die EU müsse eine „ausbalancierte Antwort“ geben, man dürfe aber auch nicht außer Acht lassen, dass die EU mit 450 Millionen Einwohnern eine starke Marktmacht sei.
Frankreich und andere fordern nun, dass im Paket der Gegenmaßnahmen auch die amerikanischen Tech-Riesen enthalten sind. Amazon, Google, Netflix und andere erwirtschaften bis zu einem Drittel ihrer globalen Umsätze in der EU.