Ein Leser schrieb: Die Schneeglöckerl schießen hervor, die bunten Krokusse, der Himmel ist blau, die Sonne lacht, die Luft ist leicht, und die Zeitung ist düster.

Es gibt die wachsende Sehnsucht, einen Bypass um die Wirklichkeit zu legen. Das ist eine schwierige Bedürfnislage für Zeitungen. Sie sollen Filter über die Wirklichkeit legen, wie beim Optiker, beim Auswählen eines neuen Brillenglases. Es gibt neuerdings Blätter und Newsletter, die heißen The Optimist Daily, Uplifting News oder Happy Newspaper. Auch bei uns finden sich auf Strategiefolien Schlagworte wie News-Burnout oder solution oriented journalism. „Konstruktiver Journalismus“ war einmal. Es geht um das Gemüt, das aufgehellt werden will. Die Medien-Akademien kriegen - an der Ärztekammer vorbei - ein neues Studienfach.

Die Wirklichkeit grätscht halt oft dazwischen, erst recht am ersten Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine, der ein Überfall auf die europäische Nachkriegsordnung war und kein Überfall auf den Donbass. Wir haben, wissend, dass die Luft leicht und der Himmel blau ist, eine Titelseite gebaut mit dem Datum als großem Aufmacher. Prägende Bilder umrahmen es. Das Kind im Bus, das die Hand zum Abschied gegen die Fensterscheibe presst. 24/02, das hat eine ikonische Dimension wie 9/11. Das war die Idee. Typografische Lösung nennen wir solche Titelseiten. Immerhin: Lösung.