Das Braunkehlchen, heimischer Vogel des Jahres 2023, kehrt Ende April aus dem tropischen Afrika zurück – und trifft auf viel zu knappen Lebensraum: Es zeige stellvertretend, wie schlecht es um die Artenvielfalt im Grünland bestellt ist, kritisierte die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich am Dienstag. Der Bodenbrüter benötigt blütenreiche Wiesen oder Brachen, diese verschwinden allerorts, weshalb der Vogelbestand seit Jahrzehnten "dramatisch einbricht".

Braunkehlchen seien in Österreich nur noch vereinzelt anzutreffen, aktuell gibt es laut BirdLife 950 bis 1500 Brutpaare. Der Vogel besiedelt landwirtschaftliche Flächen, die sich für mechanisierte Bewirtschaftung und hohe Produktion eignen, die Milchwirtschaft braucht Heu, das in der Wachstumsphase gemäht wird. "Doch zu diesem Zeitpunkt zieht das Braunkehlchen gerade seine Jungen in Bodennestern auf", sagte Katharina Bergmüller von BirdLife.

Schutz von Blumenwiesen

Das Überleben des Jahresvogels hänge vom Schutz artenreicher Blumenwiesen ab. Im österreichischen Strategieplan im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sehen die Vogelschützer positive Ansätze für die Förderung von extensiver Bewirtschaftung im Grünland. Jetzt hänge alles davon ab, ob diese auch auf die Fläche gebracht werden.

In den letzten Braunkehlchengebieten dürfe die Hälfte aller Grünlandflächen maximal zwei- bis dreimal pro Jahr gemäht werden. Zudem sei die verpflichtende Anlage von Biodiversitätsflächen mit spät gemähten Wiesen, Brachestreifen sowie mehrjährige Blühstreifen, die im Winter stehen gelassen werden, noch wichtiger als anderswo.

Landwirtschaft von Zwang befreien

"Dazu brauchen wir partnerschaftlich die Landwirtinnen und Landwirte, die vom Zwang befreit werden müssen, für das Überleben ihrer Grünlandbetriebe immer intensiver wirtschaften zu müssen", so Bergmüller. Sie plädiert für Förderungen ebenso wie für umweltbewussten Konsum mit Augenmerk auf die Herkunft der Produkte.

Im Schnitt sind laut BirdLife bereits 40 Prozent aller Vögel seit 1998 von den heimischen Feldern und Wiesen verschwunden. Das ehemals häufig vorkommende Braunkehlchen verzeichnete sogar minus 80 Prozent seit 2004. Ein Restbestand sei in Tirol anzutreffen mit rund 300 Brutpaaren. Im Alpenraum, im Waldviertel und im Neusiedler-See-Gebiet gebe es noch vereinzelte kleine Populationen. In Oberösterreich sei das Braunkehlchen ausgestorben, obwohl es 1998 noch 245 Brutpaare gab.