"Vor ein paar Tagen gab es bei uns einen Sturm, bei dem ein Baum vom Nachbargrund auf mein Carport gefallen ist. Ich kann weder meine Einfahrt, noch mein Carport benutzen", schreibt uns ein Leser. Der Nachbar habe bereits gesagt, dass das eh durch seine Versicherung gedeckt sei, weigere sich aber, eine Firma für die Aufräumarbeiten zu beauftragen, weil er das gar nicht dürfe. "Soll ich jetzt eine Firma beauftragen? Und bekomme ich dann das Geld für die Arbeiten zurück?", will er wissen. "Die Zeit drängt, denn wenn das Carport einstürzt, ist auch noch mein Oldtimer kaputt", fügt er hinzu.

Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands

Wir haben den Kärntner Juristen Markus Weichbold, der unter anderem als Berater für das Kärntner Versicherungsmaklerbüro CMS-Contracta tätig ist, um seine Expertise gebeten. Er sagt: "Grundsätzlich handelt es sich hier um eine sogenannte unzulässige grob körperliche Einwirkung vom Nachbargrundstück auf das Grundstück ihres Lesers. Ihr Leser könnte daher vom Nachbarn grundsätzlich die Wiederherstellung des vorigen Zustandes – in diesem Fall die Beseitigung des Baumes –  verlangen." Diese Ansprüche seien grundsätzlich zwar vom Verschulden des Nachbarn unabhängig, nach der Rechtsprechung bestehe aber eine Ausnahme für sogenannte natürliche Einwirkungen, die der Mensch nicht beeinflussen kann. Man könne jetzt sicherlich darüber streiten, ob im Falle unseres Lesers ein solcher Naturvorgang (Sturm etc.) gegeben war, durch den unser Leser keine Ansprüche an den Nachbarn stellen kann. "Die Beantwortung der Frage hängt stark von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab – und von der Tatsache, dass der Nachbar unseres Lesers offenbar selbst annimmt, dass er die Kosten für die Entfernung des Baumes zu tragen hat."

Wer beauftragt Aufräumarbeiten?

Geht man nun davon aus, dass der Nachbar unseres Lesers grundsätzlich für die Entfernung des umgestürzten Baumes verantwortlich ist, ist noch die Frage zu beantworten, wer für die Beauftragung einer entsprechenden Firma zuständig ist. Weichbold: "Meiner Einschätzung nach ist das ganz eindeutig der Nachbar." Unser Leser bräuchte vom Nachbarn also nur die Wiederherstellung des vorherigen Zustands zu verlangen – "wie der Nachbar das dann durchführt oder durch externe Unternehmen durchführen lässt, wäre dann dessen Angelegenheit". Da unser Leser dem Nachbarn sogar seine ausdrückliche Zustimmung zur Entfernung des Baumstammes gegeben hat, kann, wie der Jurist betont, auch kein Grund vorhanden sein, weshalb der Nachbar nicht dazu befugt sein sollte, die Entfernung des Baumes in Auftrag zu geben.
Da sich der Nachbar bisher offenbar geweigert hat, ein Unternehmen zu beauftragen, könnte der Leser freilich auch selbst tätig werden und ein Unternehmen beauftragen. "Dann müsste er aber die Kosten vorstrecken und sich nachträglich um eine Refundierung durch den Nachbarn kümmern. In diesem Fall würde ich dazu raten, zuvor eine Bestätigung zur Kostenübernahme durch den Nachbarn einzuholen", erklärt Weichbold.

Gibt es einen Versicherungsschutz?

Last but not least stellt sich freilich die Frage: Welche Versicherung zahlt bei derartigen Schäden überhaupt? Was im Falle unseres Lesers die Deckung einer Versicherung anlangt, ist Weichbold jedenfalls zurückhaltend. "Eine Deckung wäre im vorliegenden Fall – wenn überhaupt – aus der Haftpflichtversicherung des Nachbarn denkbar", sagt er. Das Problem sei jedoch, dass es sich beim möglichen Anspruch auf Entfernung des Baumes um gar keinen echten Schadenersatzanspruch handelt, für den die Haftpflichtversicherung daher grundsätzlich auch nicht zuständig ist.

Verschuldensfrage

Neben den Überlegungen zur Baumentfernung geht es hier freilich auch noch um den Ersatz von Schäden durch den Aufprall des Baumes – etwa an Zaun, Carport und etwaigen Fahrzeugen. "Für den Ersatz dieser Schäden bräuchte es grundsätzlich ein Verschulden des Nachbarn, wofür es nach dem bisherigen Bericht für mich jedoch keinen Hinweis gibt", sagt Weichbold. Ein solches Verschulden könnte beispielsweise gegeben sein, wenn der Baum bereits offenkundig morsch war und umzufallen drohte und der Nachbar dennoch keine Maßnahmen getroffen hat.