Mittlerweile kennt wohl jeder jemanden der schon gegen das Coronavirus geimpft ist. In manchen Bekanntenkreisen überwiegen sogar langsam die Geimpften die Ungeimpften. Hat man selbst schon die erste oder sogar zweite Nadel im Oberarm zu spüren bekommen, stellen sich durch den neu erworbenen Schutz auch neue Fragen: Kann ich nach meiner Impfung eigentlich noch jemanden anstecken? Muss ich jetzt überhaupt noch eine Maske tragen? Und sollte ich mich vor dem nächsten Besuch bei Oma dennoch sicherheitshalber lieber testen lassen?

1. Ich habe bereits den vollen Impfschutz. Kann ich noch jemanden anstecken?
Auch mit vollständigem Impfschutz besteht die Möglichkeit sich zu infizieren und andere anzustecken. Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Universitätsklinikum, erklärt: „Man kann sich das so vorstellen: Man trägt durch die Impfung ja nicht wirklich ein Schutzschild vor sich her, an dem alle Viren schon äußerlich abprallen. Es kann auch eine geimpfte Person von einer anderen angeniest oder angehustet werden. So können auch Viren die Atemwege oder den Nasen-Rachenraum eines Geimpften erreichen.“ Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Geimpften dann eine Erkrankung eintritt, sehr gering.

Noch unwahrscheinlicher sei das Auftreten eines schweren Verlaufs – vor einem solchen schützt die Impfung zu über 90 Prozent. Erkrankt eine geimpfte Person doch, dann meist nur mild oder moderat. „Dabei hat sich gezeigt, dass bei Geimpften – sollten sie erkranken – eine deutlich reduzierte Viruslast vorliegt. Damit sind diese Menschen weniger infektiös“, so der Experte. Zusammenfassend kann also festgehalten werden: Wer geimpft ist, infiziert sich weniger wahrscheinlich. Infiziert man sich doch, ist man weniger ansteckend als ohne Impfung.

 Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Universitätsklinikum,
Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Universitätsklinikum, © Ärztekammer

2. Ich habe erst eine Impfung erhalten. Wie infektiös bin ich noch?
Hat man bisher nur eine Teilimpfung erhalten, ist die Gefahr zu erkranken und/oder andere anzustecken etwas höher als bei vollem Impfschutz. Die zweite Impfung dient dazu, den Schutz zu verbessern und zu vervollständigen: „Gerade im Hinblick auf die Antikörper, spielt die zweite Impfung eine große Rolle. Diese werden dadurch merklich verstärkt. Und Antikörper sind natürlich mit verantwortlich dafür, dass es Viren erst gar nicht gelingt, in die menschlichen Zellen einzudringen und sich dort zu vervielfältigen“, sagt Lamprecht.

3. Bei Geimpften sind die Verläufe im Fall einer Erkrankung milder. Besteht eine erhöhte Gefahr einen symptomlosen Verlauf zu haben und so andere anzustecken?
Symptomlose Erkrankungen sind deshalb gefährlich, weil der Infizierte meist nichts bemerkt und weiter unter Menschen ist. Eine solche Infektion ist natürlich auch nach der Impfung möglich – allerdings unwahrscheinlicher. „Die gute Nachricht ist, dass Geimpfte mit einem so milden Verlauf auch sehr verlässlich eine niedrige Virenkonzentration haben und somit die Gefahr, die von ihnen ausgeht, gering ist“, sagt der Lungenfacharzt. Denn die nach der Impfung vorhandenen Antikörper halten die Virenlast niedrig.

4. Muss ich trotz Impfung noch eine Maske tragen?
„Diese Begleitmaßnahmen sind noch solange notwendig, solange eben doch noch eine Vielzahl der Personen in der Umgebung noch nicht in den Genuss einer Impfung kommen konnten“, sagt Lamprecht. Somit sei das Tragen einer Maske auch eine Form des Respekts, gegenüber allen, die gerne geimpft werden möchten, aber noch auf ihren Termin warten müssen. „Aus meiner Sicht gibt es eine relativ einfache Gleichung, die lautet: Immunisierte + Begleitmaßnahmen = sehr gute Kontrolle des Infektionsgeschehens. Wenn wir das Ziel einer noch höheren Immunisierung der Bevölkerung erreichen, dann wird es weniger Begleitmaßnahmen brauchen, damit die Gleichung zum selben Ergebnis kommt“, so der Experte.

5. Wie lange wird es Begleitmaßnahmen wie die Maske noch brauchen?
Wir werden einen Zeitpunkt erreichen – und der ist nicht mehr wahnsinnig weit weg – an dem all jenen, die sich für eine Impfung registriert haben, diese auch erhalten haben.  Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, dann wird man über Maßnahmen wie Maske, Abstände etc. natürlich schon nachdenken können“, sagt Lamprecht. Denn wenn sich zwei Geimpfte begegnen sei es nicht mehr so relevant, ob einer davon potenziell positiv sein könnte. Denn beide Personen sind im gegebenen Fall sowohl weniger ansteckend wie auch besser vor einer Erkrankung geschützt.

6. Sollte ich mich trotz Impfung testen lassen, wenn ich ins Kino gehe?
Eine Ansteckung im Kino ist sehr unwahrscheinlich. Denn ergänzend zu den genannten Faktoren, die Geimpfte weniger infektiös und anfällig für die Erkrankung machen kommt, dass hier Abstände genau eingehalten werden müssen und Masken getragen werden: „Dadurch wird das ohnehin geringe Risiko noch deutlich gesenkt“, sagt der Lungenfacharzt.

7. Sollte ich mich trotz Impfung testen lassen, wenn ich zu einem privaten Treffen gehe?
Ein privates Treffen ist anders zu betrachten als ein Kinobesuch. Denn hier werden Abstände seltener eingehalten und Masken oft abgenommen.  „Wenn bei einem solchen Treffen Menschen dabei sind, die noch keine Impfung erhalten haben und vielleicht sogar noch Risikofaktoren aufweisen, ist es auf jeden Fall eine tolle Möglichkeit sich testen zu lassen – einfach um sicherzugehen“, sagt Lamprecht. Denn sich zu testen ist jederzeit erlaubt – auch bei vollem Impfschutz.

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