Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind die 35 Stiftungsräte in parteipolitischen "Freundeskreisen" organisiert, 18 Stimmen waren für eine Mehrheit nötig. Der Sieger heißt mit 24 Stimmen Roland Weißmann. Der gebürtige Linzer (53) leitet ab 1. Jänner 2022 den ORF. Sechs Stimmen gab es für Alexander Wrabetz, fünf für Lisa Totzauer.

Da hatte es auch nichts genützt, dass SPÖ-"Freundeskreisl"-Leiter Heinz Lederer noch vor den Hearings mit diesen Worten für den amtierenden Generaldirektor Wrabetz geworben hatte: "Das Original ist besser als die Kopie!" Wrabetz hatte sein Hearing ohnehin schon als Abschiedsrede angelegt ... und zählte die Leistungen seiner 15 Jahre auf. Er soll gesagt haben: "Ich weiß, dass die Wahl schon entschieden ist." Seine Schlussworte: "Es lebe unser ORF!"

Die Unterstützung der Grünen für Weißmann hat dem Vernehmen nach Stratege Lothar Lockl (seit Frühsommer 2020 ORF-Stiftungsrat auf einem Regierungsticket der Grünen) ausgehandelt: So sollen zwei seiner Partei nahe stehende ORFler, Georg Spatt (derzeit Ö3-Chef) und Eva Schindlauer (Geschäftsführerin von ORF III), auf Direktorenposten gehievt werden, die freilich erst heute ausgeschrieben werden. Spatt soll für die Radiodirektion (derzeit Monika Eigensperger) oder die Programmdirektion vorgesehen sein (bis Ende des Jahres Katrin Zechner) Schindlauer für die Finanzdirektion (bis Ende des Jahres Andreas Nadler). Zu einem türkis-grünen Deal wollte sich Lockl vor den wartenden Medienvertertern nicht äußern. Das Wording wird wohl auf "unabhängige und erfolgreiche ORF-Persönlichkeiten" eingeschworen werden.

Lockl bedauerte, „dass alle vier ORF-Kandidaten schon im Vorfeld politisch zugeordnet wurden. Das wurde diesen Personen und ihren Konzepten nicht gerecht“. Auf die Unabhängigkeit des ORF angesprochen, erklärte er die Stimmabgabe der Grünen so: „Uns hat überzeugt, dass Weißmann versprochen hat: Er und seine zukünftigen Direktoren sind der Schutzschild für Interventionen.“ Die Wahl der Direktoren sowie der neun Landesdirektoren für die Bundesländer geht dann am 16. September im Stiftungsrat über die Bühne.

Der Sieger Weißmann

Roland Weißmanns ORF-Karriere begann 1995 im aktuellen Dienst im ORF-Landesstudio Niederösterreich. Nach Zwischenstopps als Chef vom Dienst bei Ö3 und als stellvertretender Chronikressortleiter in der ORF-Radioinformation, zog es ihn erneut nach Niederösterreich, wo er von 2003 bis 2009 stellvertretender Chefredakteur unter Richard Grasl war. Ab 2010 war Weißmann dann Grasls Büroleiter in der ORF-Finanzdirektion. Der knapp von Wrabetz bei der ORF-Generaldirektorwahl 2016 Geschlagene machte seinen langjährigen Wegbegleiter Weißmann noch zum "Chefproducer Fernsehen", wodurch er das größte TV-Programmbudget im ORF verwaltet. Seit 2017 ist er Vizefinanzdirektor auf dem Küniglberg. Weißmann, Magister der Kommunikationswissenschaften und leidenschaftlicher Boxer, Karatekämpfer sowie Läufer, leitet auch das Zukunftsprojekt "ORF Player".

Sein Postulat: "Der ORF muss in den nächsten Jahren digitaler, jünger und diverser werden."
Seine Direktoren (von Programm über Online und Technik bis Finanzen) wird er im September vorstellen, die Information wird keine eigene Direktion, sie gibt er nicht aus der Hand: "Information ist unser sensibelstes Ressort, darum muss es beim Generaldirektor angedockt sein. Das ist Chefsache."
Sein Versprechen in der Bewerbung: "Ein ORF unter meiner Führung wird sich den Zukunftsfragen entschiedener und kreativer stellen, als es bislang der Fall war."

In seinem Konzept habe er bewusst keine konkreten neuen Sendungen für die ORF-Flotte beschrieben. Sein Motto laute: Verantwortung gilt es zu tragen - und abzugeben. Und sagt von sich: "Ich bin Journalist und Manager. Aber primär bin ich Medienmacher mit Leib und Seele."

Ob sich sein unterlegener Konkurrent Thomas Prantner nun für einen der Direktorenposten bewerben wird, ließ der derzeitige TVthek-Chef und Technik-Vizedirektor offen. "Ich bin erst einmal dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, mein Reformkonzpet für den ORF präsentieren zu können. Allein die Möglichkeit war eine wichtige Chance, die Themen einer Strukturreform medial zu positionieren", sagte der FPÖ-nahe Prantner.
Die ebenfalls unterlegene Lisa Totzauer aus dem bürgerlichen Lager könnte Direktorin im Landesstudio Niederrösterreich werden, wo sich der amtierende Norbert Gollinger 2022 in die Pension verabschiedet.

Der Kärntner Stiftunsgrat Siggi Neuschitzer erklärte im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: "Ich bin zwar nicht bei den Gewinnern, aber ich möchte mit meiner Stimme einfach Alexander Wrabetz als Generaldirektor Danke sagen. Er hatte immer ein offenes Ohr für die ,Kärntner ORF Sorgen' unseres Landesstudios. Ich hoffe natürlich auch, dass vom neuen Generaldirektor die Unterstützung und den Ausbau der Wertigkeit der Landesstudios stattfindet. Ich werde natürlich als begeisterter Föderalist sehr wachsam sein."
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wird seine Amtszeit nach 15 Jahren mit 31. Dezember beenden.

"Nie Kandidat einer Partei"

In der ZiB2 des ORF sprach Weißmann von einem "ganz respektablen Ergebnis" der Wahl. Er habe eine breite Mehrheit über die Fraktionsgrenzen hinweg erreicht und sei "nie der Kandidat einer Partei" gewesen. Dass er den Grünen für deren Unterstützung Zusagen für zwei Direktorenposten gegeben habe, verwies er ins Reich der Spekulationen: "Von mir nicht." Programmatische Schwerpunkte wollte er nicht nennen, als Teamplayer wolle er dies mit seinem Team besprechen. Er wolle den ORF "digitaler, jünger, diverser" machen.