In einem steirischen Seniorenheim untergebrachte Flüchtlinge sollen ihre Notdurft in Waschbecken verrichtet haben; in Kärnten sollen Asylwerber 2.000 Euro Taschengeld gefordert haben, und dafür in einen Hungerstreik getreten sein: Behauptungen wie diese sorgen seit Herbst 2015, als es zu einer Verschärfung der Flüchtlingskrise kam, immer wieder für Aufregung. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei in vielen Fällen um Falschmeldungen.

Die Initiative "Hoaxmap - Neues aus der Gerüchteküche" sammelt seit einigen Monaten im gesamten deutschsprachigen Raum solche nachweislichen Fake-News. "Hoaxmap" bedeutet dabei so viel wie "Karte mit Falschmeldungen", die erfundenen Aussagen werden auf einer Landkarte dargestellt.

"Die Hoaxmap ist aus dem Wunsch entstanden, eine Ordnung in die Vielzahl gestreuter Gerüchte zu bringen und die Dekonstruktion selbiger zu erleichtern.", wie es auf der Website des Unternehmens heißt. Im April 2016 wurde Hoaxmap für den Grimme Online Award nominiert. Auf dem Chaos Computer Congress 33C3 in Hamburg berichteten nun die Initiatorin des Projekts, Karolin Schwarz, und Softwareentwickler Lutz Helm über die bisherigen Erfahrungen und Ergebnisse.

Wer verbreitet Gerüchte?

Die Falschmeldungen wurden von der Initiative Hoaxmap geographisch, inhaltlich aber auch nach ihren Verbreitern kategorisiert. In den meisten Fällen ist der Verbreiter jene Person, die einen Vorfall zur Anzeige bringt. Über (private) Facebook-Seiten,  Leserbriefseiten von Zeitungen oder rechte Websites werden solche Falschmeldungen ebenfalls in Umlauf gebracht. Doch auch politische Parteien, wie die FPÖ, die deutsche AfD aber auch die CDU, gehören laut Hoaxmap zu den häufigsten Verbreitern von Gerüchten - die FPÖ liegt in diesem Ranking auf Platz sieben.

Wer verbreitet Gerüchte?
Wer verbreitet Gerüchte? © Screenshot aus dem Vortrag der Initiative Hoaxmap

Hier können Sie sich den gesamten Vortrag zum Thema Fake-News, der auf dem Chaos Computer Congress 33C3 gehalten wurde, ansehen:

Suche nach Lösungen

Wie kann man der Verbreitung von Gerüchten und Falschmeldungen entgegenwirken? ÖVP-Generalsekretär und Mediensprecher Werner Amon schlägt zum Thema "Fake News" eine parlamentarische Enquete vor und möchte Experten aus unterschiedlichen Bereichen einladen. Auch SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar fordert eine "gesellschaftliche Debatte, ein kritisches Bewusstsein der Akteure  und eine Stärkung der Gegenrede". Sie möchten Plattformen wie Facebook in die Pflicht nehmen: "Im Bezug auf Falschmeldungen geht es mir darum, auf die Verantwortung von Plattformbetreibern hinzuweisen - wenn eine Nachricht verbreitet wird, sollte der Wahrheitsgehalt überprüft werden." Das gelte aber auch für Nutzer, auch diese würden ein Bewusstsein für Themen wie Quellenkritik und Umgang mit Falschnachrichten brauchen.

Dass Facebook selbst den Wahrheitsgehalt von geteilten Inhalten überprüfen soll, ist laut Andre Wolf von Mimikama, dem Verein, der ebenfalls Fake News aufspürt, nicht realistisch: Falschnachrichten mit einem einfachen "Fake" zu kennzeichnen, funktioniere nicht. "Das ist Wunschdenken. Subjektive Wiedergaben, redaktionelle Bearbeitungen, Thesen oder Interpretationen kann man nicht markieren und ich glaube, an diesem Punkt liegen wir mit den Erwartungen auch falsch." Im Höchstfall könnten auch Satireartikel wie von "Die Tagespresse" oder "Der Postillon" ungewollt einer Markierung zum Opfer fallen. Anstatt Artikel als "falsch" oder "richtig" zu katalogisieren, müsse man sie analysieren, wie es Mimikama macht. Nutzer können Anfragen stellen und die Mitarbeiter begeben sich dann auf die Suche nach den Ursprüngen.

Die Social-Media-Beraterin Judith Denkmayr findet die Ankündigung von Facebook, Fake-News-Seiten von Werbeeinnahmen auszuschließen, sinnvoll. "Damit setzten sie bei einer der stärksten Motivationen für Fake News an." Denn ein Grund, warum Fake News auf Facebook verbreitet werden, ist der hohe Traffic, durch den Werbeeinnahmen generiert werden - und der Traffic entsteht aufgrund stark diskutierter Schlagworte, wobei den Verfassern dabei völlig egal ist, welchen Inhalt sie schreiben.

In der deutschen Regierung wird erwogen, einen neuen Straftatbestand für Desinformation einzuführen. Nach "Spiegel"-Informationen schlug das deutsche Innenministerium zudem kürzlich in einem internen Papier die Schaffung eines "Abwehrzentrums gegen Desinformation" vor.

Hierzulande ist man in puncto Änderungen im Strafrecht zurückhaltender. Duzdar: "Das Phänomen der Falschmeldungen ist nicht allein durch eine Strafkultur zu lösen." Die Staatssekretärin erinnerte daran, dass der Paragraf "Verbreitung falscher Gerüchte" Ende 2015 abgeschafft wurde. Dieser sei totes Recht gewesen, 20 Jahre lang habe es keine Verurteilung gegeben.