Ulrich Seidl hat für „Rimini“ den Großen Spielfilm-Preis der Diagonale erhalten, als beste Doku wurde Sabine Derflingers Porträt „Schwarzer“ geehrt. Auch der beste Schauspieler ist für Filmliebende ein guter Bekannter: Georg Friedrich wurde für „Große Freiheit“ ausgezeichnet. Ein bisher unbeschriebenes Blatt ist hingegen die erst 25 Jahre alte Julia Windischbauer, die in Elena Wolffs Beziehungsstudie „PARA:DIES“ eine umwerfende Liebende spielt: scheu, verletzlich, aber auch listenreich und zielstrebig. Nach dem Max Ophüls Preis in der Kategorie „Bester Schauspielnachwuchs“ hat Julia Windischbauer (25), nun auch den Schauspielpreis der Diagonale gewonnen. Die Oberösterreicherin, derzeit am Deutschen Theater in Berlin engagiert, hat dem Film nicht nur darstellerisch ihren Stempel aufgedrückt, sondern auch als Editorin, Produzentin, Set- und Kostümbildnerin fungiert.

Schauspielpreis als beste Darstellerin bei der Diagonale, ist das nach dem Preis in Saarbrücken überhaupt noch eine Überraschung?
JULIA WINDISCHBAUER: Aber hallo, natürlich! Ich bin komplett aus allen Wolken gefallen und freu mich unfassbar.

Was, glauben Sie, zieht an Ihrer Figur Jasmin so an?
Es geht, glaube ich, gar nicht so um meine Figur, sondern um die Grundsetzung, dass man so tut, als würde man eine Doku machen, in der zwei Figuren, eben Jasmin und Lee, eine mehr oder minder komplexe Beziehung verhandeln. Dabei shiften die Sympathien von einer zur anderen, und ich denke, das fasziniert die Leute, und das war ja auch unser Wunsch: dass man sich als Liebender, als sexuell bedürftiger Mensch in ihnen erkennen und wiederfinden kann.

Schöpft man bei der Erzählung so einer Beziehungsgeschichte aus dem eigenen Leben?
Als Schauspielerin halte ich grundsätzlich nichts davon, das eigene Leben zu Hause zu lassen. Je weiter ich das von mir wegdrücke, desto weiter drücke ich auch die Figur von mir weg. Ich lasse mich gern von der Welt bewegen, und in die nonbinäre Figur der Lee (verkörpert von Elena Wolff, Anm.) kann ich ja auch viel reinprojizieren.

Wie geht es mit dem Film jetzt weiter?
Das fragen wir uns auch gerade. Wir sind in Verhandlungen mit einem Verleih, aber es ist schwierig, weil wir nicht um Verleihförderung angesucht haben als wir den Film gemacht haben – das war uns ja gar nicht bewusst, dass da vieles zusammenhängt. Da denke ich mir, das könnte man jungen Filmemacherinnen auch leichter machen.

Stimmt es, dass Ihr Film per Crowdfunding entstanden ist?
Ja, wir haben mit einem Budget von 4000 Euro aus Crowdfunding und 1500 Euro privatem Geld gedreht. Dann hat uns die Stadt Wien, schon nach Drehschluss, noch eine Förderung zugesagt – das war toll, weil wir dann Freundschaftsdienste und privat gedeckte Kosten noch nachzahlen konnten.

Sie selbst haben den Film auch produziert, ausgestattet, geschnitten: Wieso können Sie das alles?
Manchmal geht es im Leben offenbar mehr darum, die Dinge zu machen als sie zu können. Ich bin keine Produzentin oder Schnittkünstlerin. Ich habe vier Jahre Schauspiel studiert, aber einmal bei einem Ferienjob in der Firma meines Vaters eine Fernausbildung in Montage gemacht und seither Musikvideos, eigene Kurzfilme und an der Schauspielschule Trailer geschnitten.

Kann man sagen: „PARA:DIES“ ist ein handgemachter Film, für den es als Mitwirkende viele Rollen braucht?
Ja, klar. Ich genieße es auch, nur Schauspielerin zu sein. Aber wenn man eine Geschichte erzählen möchte, aber nicht die Ressourcen hat, weil wir kein Filmstudium absolviert und keine große Produktionsfirma hinter uns haben, sondern weil wir zwei Schauspielerinnen, Kabarettistinnen, Autorinnen sind, dann hat man für das alles die Energie. Ich habe drei Monate intensive Arbeit am Schnitt hinter mir, und ich hoffe, das klingt nicht zu kitschig: Aber dass wir so mutig waren und das einfach gedreht haben, hat mich über jede Erschöpfung hinweggerettet.

Was haben Sie als nächstes vor?
Es gibt zwei große Projekte, über die ich noch nicht reden kann. Mit dem Deutschen Theater Berlin, an dem ich derzeit engagiert bin, habe ich im Juli bei den Bregenzer Festspielen unter Jan Bosse als Caliban in „Der Sturm“ Premiere. Ich möchte jedenfalls weder Theater noch Film missen und freue mich, wenn mir da wie dort Räume gegeben werden um mich auszuprobieren –mit Menschen die einander akzeptieren, respektieren und etwas geben können.