Er ist einer der unscheinbareren in der bereits unübersehbar gewordenen Anzahl von Tagen im Jahreskreis, die ganz speziellen Themen und Anliegen gewidmet sind: Alljährlich wird der erste Mittwoch im März als "Tag der Lyrik" gefeiert. Übermorgen, am 7. März, ist es daher wieder so weit. Die Österreichische Gesellschaft für Literatur widmet der neuen Lyrik zwei Veranstaltungen.

Morgen, Dienstag (6. März, 19 Uhr) präsentiert der Berger Verlag in den Räumen der Gesellschaft (Wien 1, Herrengasse 5) die Bände 19 bis 22 seiner Reihe "Neue Lyrik aus Österreich". Joachim G. Hammer liest aus "Im Widerschein des Gongs", Augusta Laar aus "Planet 9. Gedichte Fragmente Instruktionen". Christian Futscher richtet "Grüße an alle" aus, und Margret Kreidl konstatiert in ihren "Gedichten mit Fußnoten": "Hier schläft das Tier mit Zöpfen."

Am eigentlichen "Tag der Lyrik" lesen dann ab 19 Uhr Studentinnen und Studenten der Schauspielakademie Elfriede Ott zusammen mit den Autoren aus drei Neuerscheinungen: Dorothea Nürnbergs "herzwortweben" (Ibera Verlag), Wolfgang Müller-Funks "Wunschbilder. Neun Zyklen" (Verlag Bibliothek der Provinz) und Angelika Rainer: "See'len" (Haymon Verlag).

Auch die Grazer edition keiper bringt regelmäßig Gedichte unters Volk. In der von Helwig Brunner herausgegebenen Reihe keiper lyrik erscheint in den kommenden Tagen Band 17: "der Rede wert" heißt der Gedichtband von Christoph Janacs. "alles, was Sprache wird, bleibt / fraglos fragwürdig", gibt der in Linz geborene und in Salzburg lebende Autor zu bedenken. In seinem neuen Buch versammelt er Gedichte, die von der Lektüre anderer Dichter oder auch von der persönlichen Begegnung mit ihnen geprägt sind - inklusive Ausflüge in die spanisch- oder englischsprachige Dichtkunst.

Deutsch- und englischsprachige Gedichte samt Interpretationen versammelt dagegen Ruth Klüger in ihrem kommende Woche bei Zsolnay erscheinenden Band "Gegenwind". Der Reigen der ausgewählten Autoren reicht von Adelbert von Chamisso über Kurt Tucholsky bis zu Ilse Aichinger und von Walt Whitman bis zu Emily Dickinson. "Die weitverbreitete Meldung, Lyrik sterbe aus, basiert auf Statistiken, die der Sache nicht gerecht werden", gibt sich Klüger kämpferisch. "Wenn Lyrikbände nicht den Umsatz von Krimis haben, so kommt das daher, dass Krimis Wegwerfware sind. Dagegen sind Lyrikbände eine Art Dauerware."

Davon ist wohl auch Bachmann-Preisträgerin Nora Gomringer überzeugt, die sich jüngst auch im Streit um das auf einer Uni-Fassade angebrachte Gedicht ihres Vaters für die Freiheit und Dauerhaftigkeit des Worts stark gemacht hat. Gemeinsam mit Germanist Martin Beyer hat sie die Anthologie deutschsprachiger Gegenwartslyrik "#poesie" herausgegeben, die ebenfalls nächste Woche im Verlag Voland & Quist erscheint. Nicht nur Dichter, auch Slammer, Songwriter und Rapper sind in dem Band vertreten. Und so finden sich die Hip-Hopper von Advanced Chemistry neben Thomas Bernhard und Deichkind neben Ernst Jandl. Im Sommer ist Nora Gomringer Jurorin beim Klagenfurter Wettlesen um den Bachmann-Preis. Auf die von ihr ausgesprochenen Einladungen darf man gespannt sein.