Mit der Heavy-Metal-Band Slipknot füllt Corey Taylor weltweit die großen Hallen. Als Frontmann der von ihm gegründeten Stone Sour zeigt der 49-Jährige eine melodischere Seite und ist auch damit äußerst erfolgreich. Doch zwei eigene Bands und regelmäßige Gastauftritte bei anderen Künstlern genügen dem vielseitigen Sänger und Songwriter aus Des Moines/Iowa noch immer nicht. Inzwischen hat sich Taylor auch ohne Begleitung einen Namen gemacht.

"Habe bei Stone Sour sowieso schon fast alles alleine gemacht"

"Der Hauptgrund, warum ich als Solokünstler angefangen habe, ist eigentlich, dass ich bei Stone Sour sowieso schon fast alles alleine gemacht habe", sagt Taylor im Zoom-Gespräch mit der dpa in London. "Ich habe nicht wirklich das machen können, was ich wollte, aber dennoch hat man von mir erwartet, dass ich den Großteil der Arbeit erledige, ohne entsprechende Belohnung, ohne Vertrauen in meine musikalischen Entscheidungen. Das hat mich echt frustriert, deswegen dachte ich, jetzt mach ich eben mein eigenes Ding."

Auf Taylors Solodebüt "CMFT" (2020) folgt nun "CMF2", ein sehr buntes Album, auf dem sich der Tausendsassa, der David Bowie und Prince zu seinen Vorbildern zählt, musikalisch austobt. Schon auf dem Opener "The Box" überrascht er, wenn er zum Klang einer Mandoline singt. Ganz anders die ersten beiden Singles aus dem Album: "Beyond" ist ein fetter Hardrock-Song mit eingängigem, melodischem Refrain, "Post Traumatic Blues" ein Heavy-Metal-Brett mit brachialem Gesang im Slipknot-Stil und Doppel-Gitarren-Harmonien.

"Es ist cool, mit solchen Hybriden herumzuspielen", sagt Taylor, der aus Milwaukee/Wisconsin zugeschaltet ist, wo er im Tourbus sitzt. "Man hat den Doppel-Gitarren-Sound von Thin Lizzy oder Iron Maiden, aber dann verbindet man das mit diesem wirklich coolen, fast punkigen Stil, den wir haben, und auf einmal entsteht eine ganze neue Musik, von der die Leute vielleicht nicht mal wussten, dass sie funktioniert. Für uns gibt es einfach keine Beschränkungen."

Häufige Dramen mit den anderen Bands

Auffällig ist, dass Taylor meistens im Plural spricht, obwohl es sich um seine Solokarriere handelt. "Einer für alle, alle für einen", sei das Motto. "Für mich ist es ganz klar Teamwork", so Taylor. Die Bandmitglieder seien enge Freunde. "Sie wissen, dass ich die Entscheidungen treffe. Aber auch wenn ich die meisten Songs schreibe, wissen alle, dass ich ihnen kreativen Freiraum lasse." In seiner eigenen Band scheint das Klima deutlich besser zu sein als bei seinen anderen Gruppen, wo es in der Vergangenheit häufig Dramen gab.

Dass der rastlose Musiker die Aufnahmen zu "CMF2" genossen hat, ist im Gespräch nicht zu überhören. "Mann, wir hatten so viel Spaß mit diesem Album", schwärmt der mit einer großartigen Stimme gesegnete Sänger. "Wir sind ins Studio gegangen und waren wieder total die Nerds. Es war einfach der Hammer."

Die Vielfalt ist beachtlich. Sei es eine Pop-Punk-Hymne wie "We Are The Rest" oder die radiotaugliche, softe Pianoballade "Someday I'll Change Your Mind", auf die das etwas gewöhnungsbedürftige, aggressive Metal-Monster "All I Want Is Hate" folgt - "das sind alles wir", stellt Taylor klar. "Ich versuche in jedem Genre etwas zu finden, was ich zu schätzen weiß." Besonders für Balladen hat der Sänger und Songwriter ein hervorragendes Gespür. Das wunderbare "Breath Of Fresh Smoke" ist einer der stärksten Songs.

Ihm sei es dabei wichtig gewesen, ein Album als Ganzes aufnehmen, sagt er, nicht nur eine Sammlung von Singles, so wie es noch beim Vorgänger der Fall war. "Das erste Album war für meinen Geschmack nicht gut genug, weil darauf nur Songs zusammengeworfen wurden", sagt er. "Es gab keine Richtung, keine Reise, es waren nur wirklich coole Songs, die Spaß machen. Auf dem neuen Album wollte ich die Leute mit auf eine Fahrt nehmen."

Kommt schon bald ein weiteres Album?

Die Aufnahmen zu "CMF2" waren so produktiv, dass es bald Nachschlag geben soll. In kurzer Zeit habe man 26 Songs aufgenommen, berichtet Corey Taylor. Das Album enthält 13, die andere Hälfte will er im kommenden Jahr veröffentlichen. Im Anschluss an seine laufende Nordamerika-Tournee und einen Festival-Auftritt mit Slipknot in Mexiko kommt er im Herbst auch nach Deutschland. Im November sind zwei Konzerte in Köln und eins in Berlin geplant - ein Abstecher nach Österreich ist aktuell nicht vorgesehen.