Mit ihrem neuen Album hat die US-Musikerin Taylor Swift beim Streamingdienst Spotify zwei Rekorde gebrochen. "Midnights" wurde innerhalb eines Tages öfter gestreamt als jedes Album zuvor, wie Spotify mitteilte. Außerdem sei die 32-Jährige damit zum am meisten gestreamten Künstler innerhalb eines Tages in der Geschichte des Dienstes geworden. Dabei haben die Musikerin und Spotify nicht die einfachste Vergangenheit. 2014, zur Veröffentlichung ihres später viel gerühmten und millionenfach verkauften Albums "1989", ließ sie ihr gesamtes Material von dem Streamingdienst entfernen - als Reaktion darauf, dass Spotify Musikerinnen und Musiker nicht angemessen vergüte, wie sie damals erklärte. 2017 kehrte sie mit "Reputation" zu Spotify zurück.

Ihr jüngstes, nunmehr zehntes Album "Midnights" erzählt die Geschichten von 13 schlaflosen Nächten. Und dann gibt es noch, mit dem gleichen Cover, eine "3am Edition", auf der sich sieben weitere Songs befinden. Marketing halt. Dabei ist das gar nicht notwendig, denn der Emanzipationsprozess der einstigen Country-Pop-Sängerin setzt sich fort.

Bereits mit "Folklore" und "Evermore" (2020) bewies die 33-Jährige, dass sie eine ernstzunehmende Sängerin und Songwriterin ist. Und dass Swift ihre alten Alben im Vorjahr neu eingespielt hat, um auf diese Weise die kommerzielle Verfügungsgewalt über ihre Kompositionen zurückzugewinnen, spricht auch für eine Abnabelung von früheren Vereinnahmungen.

"Midnights" ist das nächste Kapitel – und es trägt wieder eine andere DNA in sich. Das zehnte Studioalbum ist nicht in der freien Natur angesiedelt, sondern auf den Tanzflächen der Stadt; es handelt nicht von Kontemplation, sondern von Hedonismus. Fast.

Swift ist aber nicht schnell auf den Zeitgeistzug aufgesprungen, um sich unter der Discokugel zu rekeln. Songs wie das Eröffnungslied "Lavender Haze" oder "Midnight Rain" sind zwar im weitesten Sinn tanzbar, aber feiner, handwerklich ausgefeilter R&B-Pop.

Viel Melancholie, Ratlosigkeit und auch Systemkritik liegen in der Luft. Dancefloor, ja. Aber die Paare, die dort tanzen, haben traurige Gesichter und wissen, dass nach der Nacht der Morgen graut.

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Albumtipp: Taylor Swift. Midnights. Universal Music