Ein 42-teiliges Orchester aus Frankreich bespielt derzeit den György-Ligeti-Saal im Mumuth der Kunstuniversität Graz (KUG) mit selten gehörten Tönen. Das 1974 von Francois Bayle erfundene Klangdiffusionssystem, bei dem die Orchestermitglieder Lautsprecher sind, ist zu Gast beim diesjährigen Elevate Festival.

Am Freitag, dem ersten Abend der zweitägigen Mini-Festspiele mit dem eigens aus Paris herangekarrten Acousmonium, bekam das Publikum ein buntes, zum Teil aus Uraufführungen bestehendes Panoptikum aus historischen und aktuellen Stücken für das auch optisch attraktive Lautsprecherensemble geboten. Den Auftakt machte ein verspielter Siebenminüter des KUG-Studenten Benedikt Alphart. Ihm folgte ein akustischer "Rundgång" des österreichisch-schwedischen Elektronik-Duos utrumque, der einiges an nicht nur mit den Ohren wahrnehmbaren Frequenzen bot.

© Elevate/Clara Wildberger

Mit der "Petite symphonie intuitive pour und paysage de printemps" des Acousmonium-Pioniers Luc Ferrari, interpretiert von Emmanuel Richier, gab es einen veritablen Klassiker der elektronischen Musik zu hören. Die "kleine intuitive Symphonie" holt sich Anleihen aus der Zeit der großen symphonischen Dichtungen und verwebt diese mit Stockhausen-Klanggebilden. Den Abschluss vor der Pause machte eine breitflächige Dolby-Surround-Klangwandtapete des in Amsterdam lebenden Schweden BJ Nilsen.

Dramaturgisch nicht ungeschickt eingefädelt, erfuhr das Programm im zweiten Teil eine deutliche Steigerung. Zunächst zauberte der deutsche Elektronik-Guru Jan Jelinek alias Farben mit seinem zwanzigminütigen Stück "Zwischen" einen beinahe poptauglichen, aber dennoch feingliedrigen Trance-Remix in das Mumuth.

Francois Bonnet, Chef des Pariser Acousmonium-Trägers INA GRM und Kurator des Grazer Programms, schöpfte mit seiner Komposition "Erosions" die Möglichkeiten des Lautsprechersystems am stärksten aus. In "Erosions" erklingen die Töne nicht nur rundherum, sondern tatsächlich an konkreten Punkten im Raum. Den Vogel schoss an diesem Abend aber die Britin Lucy Railton ab. Ihre elektronischen "Forms" münden in einem von ihr selbst gespielten, hypnotischen Cello-Solo, das seinen Eindruck auf das Publikum nicht verfehlt.

Seit seiner Erfindung vor 45 Jahren wurde das Acousmonium stetig weiterentwickelt. Neben dem ursprünglichen Pariser Klangsystem gibt es weitere in Birmingham ("BEAST"), Belgien - und seit einigen Jahren auch in Wien. Am Samstag haben Besucher noch einmal die Gelegenheit, das Acousmonium, erneut um 19.30 Uhr im Grazer Mumuth, zu erleben. Zu hören sein wird ein ähnlich aufgebautes Programm wie jenes vom Freitag. Danach treten Lautsprecher und Techniker bereits wieder die Heimreise nach Paris an.