Das Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP ist Mittwochnachmittag Gesprächsthema Nummer Eins in Gemeindeämtern, auf den Straßen und in Gasthäusern. Wie berichtet, hat FPÖ-Chef Herbert Kickl Bundespräsident Alexander Van der Bellen darüber informiert, dass die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP gescheitert sind. Reaktionen aus Osttirol zeigen, dass an Kompromissbereitschaft und Aufeinander-Zugehen kein Weg mehr vorbeiführen wird, um zu einer Regierung zu kommen.

Gerald Hauser (FPÖ) bedauert das Verhandlungsende: „Wir haben der Volkspartei ein mehr als faires Angebot gemacht, ich denke aber, sie hatte es von Anfang an auf ein Scheitern angelegt. Österreich wäre wegen der 136 Milliarden Neuverschuldung, die die ÖVP hinterlässt, beinahe unter EU-Kuratel gestellt worden. Da noch auf dem Finanzministerium zu bestehen, ist, als ob der Fuchs auf die Hühner aufpassen soll. Wir müssen auch das Innenministerium leiten, um endlich Nullzuwanderung zu erreichen und straffällig gewordene Migranten sofort abschieben zu können. Das ist einer unserer zentralen Inhalte, dafür werden wir gewählt. Die ÖVP hätte ihre Themen im Außenministerium gut umsetzen können. Offenbar hat man noch nicht begriffen, dass die Volkspartei nur Juniorpartner ist.“ Hauser plädiert für Neuwahlen.

Gerald Hauser (FPÖ)
Gerald Hauser (FPÖ) © Michael Egger

Daran führt auch für Martin Mayerl (ÖVP) kein Weg vorbei: „Für mich hat sich das Aus der Verhandlungen abgezeichnet. Herbert Kickl hat zu hoch gepokert und den Bogen bei inhaltlichen Fragen weit überspannt: Das Thema Europäische Union ist nicht verhandelbar. Auch in zentralen Fragen zur Rechtsstaatlichkeit hat die FPÖ Forderungen aufgestellt, die nicht mitzutragen gewesen wären. Unter solchen Bedingungen hätte sich die ÖVP nichts Gutes getan, erst recht nicht für die Zukunft. Jetzt müssen die staatstragenden Parteien Lösungen finden. Wir werden zumindest eine Übergangsregierung benötigen, um grundlegende Rahmenbedingungen wie das Budget festzulegen. Dann wird es wohl auf Neuwahlen hinauslaufen.“

Martin Mayerl (ÖVP)
Martin Mayerl (ÖVP) © Florian Eder

Erleichtert zeigt sich Elisabeth Blanik (SPÖ): „Verantwortungsbewusstsein schaut anders aus, das muss ich leider feststellen. Das Scheitern ist in den vergangenen Tagen greifbar geworden. Es ist gut, dass die konstruktiven Kräfte im Land in dieser Situation die Chance erhalten, sich im Parlament neu zu sammeln und Verantwortung zu übernehmen. Die Volkspartei hat es sich bestimmt nicht leicht gemacht, ich bin aber froh, dass die Verhandlungen schlussendlich gescheitert sind. Die FPÖ hat sich unter Kickl viel zu weit vom Konsens eines westlichen Wertesystems entfernt. Über unsere demokratische Basis wie die Rechtsstaatlichkeit kann es keine Zweifel geben. Jetzt ist der Bundespräsident am Wort.“

Elisabeth Blanik (SPÖ)
Elisabeth Blanik (SPÖ) © Christoph Blassnig