In Zeiten der Coronapandemie ist Aids etwas aus dem Blickfeld und aus dem Bewusstsein vieler gerückt – "ein gefährlicher Trend", warnten Landeshauptmannstellvertreterin Beate Prettner (SPÖ) und der Leiter der aidsHilfe Kärnten, Günther Nagele, am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz anlässlich des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember.

Tatsächlich sind die Zahlen der durchgeführten Tests in den vergangenen drei Jahren gesunken, "jetzt geht es, Gott sei Dank, wieder etwas aufwärts. Denn nur wenn man über seine Infektion Bescheid weiß, kann die Therapie starten. Eine Therapie, die Leben rettet – und zwar das eigene, aber auch das Leben anderer, weil man diese vor einer möglichen Ansteckung schützt", betonte Prettner.

Günther Nagele und Beate Prettner
Günther Nagele und Beate Prettner © Büro Prettner

42 Prozent erfahren sehr spät von Infektion

Laut Nagele erfahren aktuell rund 42 Prozent der betroffenen Personen von ihrer HIV-Infektion erst in einem fortgeschrittenen Stadium. "Eine späte Diagnose – auch late presentation – kommt vor allem bei Menschen über 50 Jahren sowie nicht aus Österreich stammenden Personen vor. Bei jüngeren Menschen und MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) wird eine Diagnose meist früher gestellt", so Nagele. Warum die späten Diagnosen? "In den meisten Fällen ist es die Angst vor der Diagnose, aber auch die Angst, in der Folge gesellschaftlich ausgegrenzt zu werden, die Menschen vor einer frühen Testung abhalten", sagte Nagele.

In Kärnten gelten rund 450 Menschen als HIV-positiv, 250 davon befinden sich in Behandlung. 25 Personen haben sich heuer neu mit HIV infiziert. "Unser Ziel im Kampf gegen Aids ist die internationale Formel 95-95-95-0: 95 Prozent aller Menschen mit HIV kennen ihren Status, 95 Prozent davon sind unter wirksamer Therapie, 95 Prozent davon haben eine Virenlast unter der Nachweisgrenze und können das Virus nicht weitergeben sowie 0 Prozent Vorurteile", erklärte Prettner. Der Weg bis dahin sei mühsam – "vor allem die letzten Jahre haben uns eher weiter weg-, als näher hingebracht".

Syphilis, Chlamydien, Hepatitis B.

Daher spiele auch die Prävention eine ganz wesentliche Rolle: Die aidsHilfe Kärnten klärt in Schulen auf, absolvierte im heurigen Jahr mehr als 300 Workshops in allen Schultypen ab der 8. Schulstufe und konnte damit mehr als 7500 Jugendliche erreichen. "Wir sprechen in diesen Workshops generell über Sexualität und sexuelle Gesundheit. Was vielen nicht bewusst ist: Sexuell übertragbare Erkrankungen nehmen derzeit wieder zu", warnte Nagele. Gemeint sind vor allem Syphilis, Chlamydien, Hepatitis B. Übrigens: In der aidsHilfe wird auch auf diese Erkrankungen getestet. "Das hat sich in der Zwischenzeit recht gut etabliert", so Nagele.

"Als wichtige Initiative" bezeichnete die Gesundheitsreferentin in diesem Zusammenhang die bundesweite Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfungen. "Die Impfungen sind sehr teuer. Es ist ein starkes Zeichen, dass dieses Impfprogramm für junge Frauen und junge Männer nun bis zum 21. Lebensjahr erweitert wurde. Gestartet wird damit im ersten Quartal 2023", informierte Prettner. Mit HPV sind sexuell übertragbare humane Papillomaviren gemeint, die auch Krebserkrankungen auslösen können.

Die aidsHilfe Kärnten – sie feierte heuer ihr 35-Jahr-Jubiläum - wird zu zwei Drittel vom Land Kärnten (200.000 Euro pro Jahr) und zu einem Drittel vom Bund finanziert.