Es war ein Prozess, der allen Beteiligten sehr viel abverlangt hatte: Ein Primar des LKH Graz brach bei seiner Zeugenaussage am Landesgericht Klagenfurt sogar in Tränen aus. Am 15. Mai vergangenen Jahres wurden dann die Eltern eines Mädchens (14) zu zwölf Monaten bedingter Haft verurteilt. Wegen Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen.
Die beiden sollen ihre krebskranke Tochter nicht in ausreichendem Maß über die Erkrankung und die – letztlich tödlichen – Folgen sowie über schulmedizinische Behandlungsmethoden aufgeklärt haben bzw. eine solche Aufklärung ermöglicht haben. Zudem, so die Anklage, hätten die Eltern der 14-Jährigen monatelang nicht die notwendige Behandlung zukommen lassen.
„Enorme Schmerzen“
Die Eltern verwiesen vor Gericht darauf, dass ihre Tochter sehr selbstbestimmt gewesen sei und die Schulmedizin abgelehnt habe. Stattdessen wurde das schwerkranke Mädchen alternativmedizinisch betreut, u. a. von Energetikern, Schamanen und Alchemisten. Am 23. Februar kam die 14-Jährige in Begleitung ihrer Eltern dann doch ins Klinikum Graz. Doch da war es bereits zu spät. Die Kärntnerin verstarb zwei Tage später an den Folgen ihrer Tumorerkrankung. Unter enormen Schmerzen und ohne Heilungschancen, die es bei der Diagnose im Oktober 2022 und anschließender schulmedizinischer Behandlung noch gegeben hätte, wie der LKH-Primar und andere Zeugen vor Gericht erklärten.
Urteil am Mittwoch
Am Mittwoch wird der tragische Fall erneut verhandelt, diesmal am Oberlandesgericht Graz verhandelt. Denn sowohl Eltern als auch Staatsanwaltschaft Klagenfurt haben gegen das Urteil berufen. Den einen ist die Strafe zu hoch, die Anklagebehörde fordert hingegen eine Anhebung des Strafmaßes. Das Urteil wird für Mittwochnachmittag erwartet.
Für die Eltern gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung.
In der ursprünglichen Variante haben wir berichtet, dass die Verhandlung am OLG Graz am Donnerstag stattfindet. Das war bedauerlicherweise falsch. Die Verhandlung ist am Mittwoch. Wir haben diesen Fehler nachträglich korrigiert.