Bis vor kurzem galt Israel als Land mit der effizientesten Impfkampagne. Doch jetzt hat Lateinamerika eine beachtliche Aufholjagd im positiven Sinne zu vermelden: Chile, das im Mai des Vorjahres gemeinsam mit seinem Nachbarland Peru so viele Corona-Infektionen je Einwohner zu beklagen hatte wie kein anderes Land der Welt, hat sich jetzt mit seiner Impf-Geschwindigkeit an die Spitze der Impf-Musterschüler gesetzt.

"Heute haben wir einen neuen Grund, stolz zu sein: Chile hat den ersten Platz im weltweiten Ranking der (innerhalb der letzten sieben Tage) verabreichten Dosen pro 100 Einwohnern eingenommen", schrieb die Regierung des südamerikanischen Landes am Dienstag auf Twitter. Und das, obwohl Chile im Verlauf des letzten Jahres von schweren sozialen Unruhen erfasst worden war, die das lateinamerikanische Land schwer erschüttert haben. Hunderttausende waren auf die Straßen gegangen, um gegen die enormen Unterschiede zwischen Reich und Arm in Chile zu protestieren und mehr Unterstützung von Seiten des Staates einzufordern - auch im Gesundheitsbereich.

Zumindest beim Impfen scheint das jetzt zu funktionieren. Laut der Statistik des Portals "Our World in Data" hat Chile im Durchschnitt der vergangenen sieben Tage 1,08 Dosen am Tag pro 100 Einwohnern verimpft; in Israel waren es 1,03. Mit einigem Abstand folgen die USA (0,65), Ungarn (0,57), Großbritannien (0,51) und Serbien (0,49). Österreich liegt mit einer Impfrate von 0,25 gleichauf mit Deutschland. Am Montag registrierte Chile einen Tagesrekord mit 319.014 Geimpften, wie die Zeitung "La Tercera" berichtete.

Impf-Register

Obwohl Chiles Regierung bei Ausbruch der Pandemie lange brauchte, um zu reagieren und Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung zu ergreifen, war man nun bei der Impfkampagne sofort vorne dabei. Das man es jetzt sogar weltweit an die Spitze schaffte, hat mehrere Gründe. Chile hat sehr früh wegen des Erwerbs von Impfstoffen verhandelt und dann Impfstoffe von praktisch allen Anbietern erworben. So gelang es, 35 Millionen Dosen zu garantieren, von denen 10 Millionen bereits eingetroffen sind. Die meisten stammen von dem chinesischen Unternehmen Sinovac. Derzeit verhandelt man mit Russland. Zugute kam Chile dabei natürlich, dass es im Vergleich zu anderen Staaten der Region sich diese Impfstoffe auch leisten kann und zudem über ein bereits bestehendes Impfregister verfügt. Das macht nun die Abwicklung der Impfungen effizienter.

Mittlerweile konnte es sich Chile sogar erlauben, 40.000 Dosen des chinesischen Sinovac Impfstoffes an Ecuador und Paraguay zu spenden.

Abwarten

Allerdings: Völlig im Griff hat auch Chile die Pandemie noch nicht. Bis wirklich alle Bevölkerungsgruppen geimpft sind, wird es noch dauern. Einstweilen verzeichnet auch Chile noch hohe Infektionszahlen – zuletzt mehr als täglich 5000 neue Infizierte – und das an mehreren Tagen hintereinander.