Sie kommen aus der Sonderpräsidiale zum U-Ausschuss. Was ist nun mit dem Ibiza-Video und warum liegt es dem Ausschuss noch immer nicht vor?

Norbert Hofer: Kurz zusammengefasst: Die SPÖ sagt: Der Präsident ist schuld. Die ÖVP sagt: Die Grünen sind schuld. Und die Grünen sagen: Die ÖVP ist schuld. Man schiebt sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Tatsache ist, dass es einen Beweisbeschluss gibt, wonach alles geliefert werden muss, das relevant ist. Und dass das Video relevant ist, ist ja unbestritten. Deshalb müssen die Behörden liefern.

Weitere Journalisten haben das Video gesehen, der Ausschuss nicht. Macht Sie das wütend?
So leicht werde ich nicht wütend. Aber dieses Schauspiel ist wirklich unwürdig und eine Demütigung des Parlaments.

Werden Sie sich die sieben Stunden Material dann ansehen?
Gezwungenermaßen werde ich das wohl tun. Ich habe „Scary Movie“ gesehen, das wird wohl sehr ähnlich werden. (lacht)

Seit Ibiza fliegt die FPÖ in Umfragen tief, bei der Wien-Wahl droht Ihrem Kandidaten eine herbe Niederlage. Verbuchen Sie die Wahl bereits jetzt als Schlappe?
Wir haben mit der Spaltung in Knittelfeld schon schwerere Zeiten überstanden und sind danach gestärkt zurückgekehrt. Ich war mit Dominik Nepp einige Mal im Wahlkampf unterwegs und das war durchaus motivierend. Die Stimmung ist gut und er macht das sehr gut.

Wie viel Prozent muss er erreichen, damit es für die Partei noch gesichtswahrend bleibt?
Ich gebe ihm da keine Vorgabe. Ob es 12 oder 15 Prozent sind, wichtig ist, dass man sich jetzt das richtige Team aufbaut, auf das man sich auf lange Sicht verlassen kann.

Wie groß ist die Sorge, dass nach der Wahl weitere Parteikollegen zu Strache wechseln, sollte er den Einzug schaffen?
Da mache ich mir keine Sorgen. Ich gehe nicht davon aus, dass er hineinkommt. Und wenn, dann wird es bedeutungslos sein für die Wiener Politik.

Ist eine Wiedervereinigung mit Straches Liste für Sie irgendwann denkbar?
Nein, eine Wiedervereinigung ist nicht möglich.

Eine solche hat man mit dem BZÖ damals auch ausgeschlossen, danach war man wieder vereint.
Nein, das wäre undenkbar.

Nächstes Jahr wird in Oberösterreich gewählt. Sollte Manfred Haimbuchner dort gut abschneiden, wackelt dann ihr Chefsessel? Er wird immer wieder als möglicher Nachfolger gehandelt.
Es gibt Führungspersönlichkeiten, die keine anderen starken Personen in der Nähe dulden. Ich bin das Gegenteil, ich habe mir ja auch keinen schwachen Klubobmann gesucht. Haimbuchner ist natürlich besonders stark. Und bei der Wahl nächstes Jahr wird die Wetterlage eine deutlich bessere sein und uns als Partei wieder Rückenwind verschaffen. Zudem ist Politik immer eine Teamleistung. Die „Großmannssucht", die es früher vielleicht einmal gegeben hat, ist vorbei.

Als frischgebackener Parteichef haben Sie damals versichert, die FPÖ zu einer staatstragenden 25-Prozent-Partei machen zu wollen. Ist das weiterhin Ihr Ziel?
Die letzten Jahre haben gezeigt, wie schnelllebig Politik sein kann. Und wie schnell es wieder nach oben geht, wenn man richtige Entscheidungen trifft und auf richtige Personen setzt. Man muss den Kurs halten und darf nicht ungeduldig werden.

Kurs scheinen Sie mit Poltern gegen den „Corona-Wahnsinns“ aktuell auf das Lager der Impfgegner und Verschwörungstheoretiker zu nehmen. „Staatstragend“ ist das nicht.
Wir sind eine rechtskonservative Partei und keine der sogenannten Mitte. Wir sind mit unseren Meinungen, die wir seit Jahren vertreten, aber langsam in der Mitte der Gesellschaft angelangt. Man könnte zudem genauso sagen, dass es aus heutiger Sicht auch eine Verschwörungstheorie war, als der Kanzler behauptet hat, dass bald jeder jemanden kennt, der an Corona gestorben ist. Das und die fehlerhaften Maßnahmen der Regierung kann man ruhig „Corona-Wahnsinn“ nennen.

Damit fischen Sie erneut sehr gezielt im Teich der „Unzufriedenen“. Warum?
Das sehe ich nicht so, man darf die Linie nicht von Zufrieden- oder Unzufriedenheit abhängig machen. Manche finden diese Linie gut, andere nicht. Und ich bin ja auch kein Impfgegner. Ich bin gegen Zecken und anderes geimpft. Gegen Corona werde ich mich aber nicht impfen lassen. Bei meiner Frau wird das anders sein, weil sie in der Pflege arbeiten. Aber die Entscheidung muss jedem freistehen.

Was ist mit Ihren Wählerinnen und Wählern, die sie anstecken könnten? Oder Ihre Kollegen im Parlament. Sie wären dann der Inbegriff eines „Superspreaders“.
Dann hätte ich im Bundespräsidentschaftswahlkampf ja auch alle möglichen Leute mit einer Grippe angesteckt, gegen die ich nicht geimpft bin. Ich achte aber auf mein Immunsystem und wasche mir regelmäßig die Hände.

Nur wären Sie mit Grippe wohl nicht schon vor Beginn von Symptomen ansteckend gewesen, wie es bei Corona der Fall wäre.
Hier medizinische Debatten zu führen ist schwierig. Ich muss mir aber nur die Zahl der hospitalisierten Patienten anschauen und die hält sich Gott sei Dank in Grenzen. Und solange das so ist, muss ich auch keine neuen Verschärfungen erlassen. Oder diese ständig in Pressekonferenzen anzukündigen.

Auf welche Themen wird die FPÖ im Herbst setzen?
Wir werden uns ganz stark auf die Opfer der Krise konzentrieren. Das sind Patienten mit medizinischen Spätfolgen, die sich nicht ins Krankenhaus getraut haben. Oder Unternehmer, die in den Ruin getrieben wurden oder Menschen, die Pflegeheime nicht verlassen durften.

Damit wären wir wieder bei der Gruppe der „Unzufriedenen“.
Ich sehe sie eher als „Geschädigte“. Man muss jetzt schauen, wie man diesen Schaden gutmachen kann. Wir haben hier sehr konkrete Vorschläge, die wir bald präsentieren werden.

Also auch Sie kündigen Maßnahmen an wie die Regierung.
Weil das Ding fix und fertig sein muss, bevor wir es präsentieren.