Erstmals sind in den USA die Eltern eines Teenagers, der an einer Schule ein Massaker angerichtet hatte, wegen fahrlässiger Tötung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Vor mehr als zwei Jahren richtete der damals 15-jährige Ethan Crumbley an einer Schule im US-Bundesstaat ein Massaker an und erschoss vier Schüler. Gegen seine Mutter und seinen Vater erging eine Haftstrafe von jeweils zehn bis 15 Jahren, wie die zuständige Richterin in Michigan am Dienstag verkündete.

Die Eltern waren vor einigen Wochen in separaten Verfahren schuldig gesprochen worden. Nun folgte die Strafmaßverkündung. Es ist das erste Mal, dass in den USA Eltern eines Todesschützen aufgrund persönlicher Verantwortung für solch ein Verbrechen verurteilt wurden. Die Tatwaffe war ein Geschenk der Eltern an ihren damals 15 Jahre alten Sohn, mit der er kurz darauf die Morde beging.

 Kurz vor der Verkündung des Strafmaßes kamen am Dienstag im Gerichtssaal Angehörige der vier Jugendlichen zu Wort, die damals bei der Attacke ums Leben gekommen waren. Die Mutter einer getöteten 17-Jährigen sagte unter Tränen, sie wünschte, sie wäre anstelle ihrer Tochter gestorben. Sie warf den Verurteilten vor, sie hätten als Eltern vollkommen versagt und schreckliches Leid über andere Familien gebracht. Die Mutter eines anderen Opfers beklagte, die Eltern des Täters hätten die Tragödie verhindern können.

Eltern ignorierten Warnungen aus dem schulischen Umfeld

Gegen die Eltern des Jugendlichen wurden nach der Tat schwere Vorwürfe erhoben, weil sie die Tatwaffe gekauft und ihrem minderjährigen Sohn Zugang dazu gewährt hatten. Sie sollen außerdem Warnungen aus dem schulischen Umfeld des Jugendlichen ignoriert haben. Die Verteidigung des Vaters argumentierte während des Prozesses, ihr Mandant habe nicht ahnen können, was sein Sohn vorhatte.

Die Eltern waren in getrennten Verfahren vor Gericht gestellt worden. Der Sohn hatte sich in allen 24 Anklagepunkten schuldig bekannt. Im vergangenen Jahr wurde er zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Obwohl er zum Zeitpunkt des Amoklaufs noch minderjährig war, wurde ihm nach dem Erwachsenenstrafrecht der Prozess gemacht. In den Prozessen gegen seine Eltern sagte er nicht aus.

Der Fall rückte die Frage nach der Verantwortung von Eltern für die Handlungen ihrer Kinder einmal mehr in den Fokus. Zwar wurden Väter und Mütter in der Vergangenheit mitunter für fahrlässiges Verhalten zur Verantwortung gezogen, in diesem Fall aber wurden zum ersten Mal Eltern eines minderjährigen Schützen der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen.