Es sind Daten, auf die die Politik Antworten finden muss. Die Zahl der Anzeigen gegen unter 14-Jährige hat in den vergangenen Jahren massiv zugenommen, alleine von 2023 auf 2024 ist sie um ein knappes Viertel gestiegen. Wie soll die Gesellschaft mit Kindern umgehen, die zu Kriminellen werden? Strafmündig sind unter 14-Jährige in Österreich noch nicht, die Handlungsmöglichkeiten von Polizei und Justiz dementsprechend eingeschränkt.
Dass jugendlicher Leichtsinn bis zu einem gewissen Grad nachgesehen wird, ist richtig. Immerhin gehört es zum Erwachsenwerden dazu, auch aus Fehlern und schlechten Entscheidungen zu lernen. Allerdings wird die Anzeigenstatistik aktuell nicht von 12-Jährigen, die als Mutprobe eine Tafel Schokolade mitgehen lassen, nach oben getrieben.
„Systemsprenger“ machen der Polizei zu schaffen
Vermehrt hat es die Polizei mit Fällen zu tun, die mit kindlichen Dummheiten wenig zu tun haben. Von „Systemsprengern“ ist die Rede, wenn Jugendliche im Monat mehr als 50 – teils schwere – Straftaten begehen. So kommt es, dass sich in den aktuellen Zahlen 28 Prozent der Anzeigen auf gerade einmal drei Köpfe verteilen. Rund 30 „Systemsprenger“ gibt es laut Polizeiinformationen derzeit, viele von ihnen sind noch nicht strafmündig. Häufig geht es um Eigentumsdelikte, unter 10- bis 14-Jährigen aus Syrien ist etwa Einbruchsdiebstahl die am häufigsten angezeigte Straftat.
Bereits im Vorjahr war die Debatte um kriminelle Kinder hochgekocht, ÖVP und FPÖ forderten eine Absenkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre. Zahlreiche Fachleute äußerten allerdings Bedenken, das Strafrecht liefere nicht die richtigen Antworten im Umgang mit den jüngsten Straftätern. In ihrem Regierungsprogramm hat sich die schwarz-rot-pinke Koalition auf die Schaffung „spezialisierter sozialpädagogischer Einrichtungen“ geeinigt, Freiheitsbeschränkungen sollen „eng befristet“ mit Überprüfung durch ein Pflegschaftsgericht möglich sein.
Ausreichend Geld und Personal nötig
Das Bekanntwerden der Kriminalitätsstatistik könnte nun dazu führen, dass das Vorhaben in der Prioritätenliste der Regierung nach oben rückt. Innenminister Gerhard Karner und Integrationsministerin Claudia Plakolm (beide ÖVP) betonten Anfang der Woche, dass es mehr Handhabe im Umgang mit unmündigen Straftätern brauche.
Zu überstürztem Handeln für einen schnellen politischen Erfolg sollte sich die Koalition dennoch nicht hinreißen lassen. Sollen die geplanten Einrichtungen dazu führen, dass Jugendliche in einen geordneten Alltag zurückfinden, müssen sie nicht nur gut durchdacht, sondern auch ausreichend mit finanziellen Ressourcen sowie Personal ausgestattet werden. Vor allem Letzteres könnte zur Herausforderung werden: Schon bisher klagte der Sozialbereich über Personalmangel.
Ziel muss sein, dass die Unterbringung ein erster Schritt zurück in ein Leben abseits der Kriminalität wird – nicht bloß zu einem Zwischenstopp auf dem Weg ins Jugendgefängnis.