Auf dem Papier wird Osttirol sicherer: weniger angezeigte Delikte, stabile Aufklärung und erfreuliche Rückgänge bei Gewalt- und Sexualdelikten lassen die Region in einem besseren Licht erscheinen. Doch der Teufel steckt im Detail. Gerade im Bereich Suchtmittel und Cyberkriminalität vermutet die Polizei viele Fälle, die nie zur Anzeige kommen.
Nach einem Anstieg der Kriminalität im Jahr 2023 zeigt die Bilanz für 2024 einen leichten Rückgang: Die Zahl der angezeigten Delikte sank von 1773 auf 1712 – ein Minus von rund 3,4 Prozent. Die Aufklärungsquote blieb mit 61,9 Prozent stabil (2023: 61,8 Prozent). Besonders erfreulich ist der Rückgang bei strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben: 357 Delikte wurden 2024 registriert, 7,3 Prozent weniger als im Vorjahr.
Auffällig ist dabei der deutliche Rückgang bei Körperverletzungen von 155 auf 141 Fälle (minus 9 Prozent) sowie bei Nötigungen, die sich fast halbierten (von 31 auf 16 Fälle). Einzig bei gefährlichen Drohungen wurde ein Anstieg von 45 auf 52 Fälle (plus 15,6 Prozent) verzeichnet. Auch bei den Delikten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung ist ein deutlicher Rückgang zu beobachten: von 42 auf 19 Fälle. Die Aufklärungsquote liegt hier bei beachtlichen 84,2 Prozent.
Einbrüche und Sachbeschädigungen im Fokus
Im Gegensatz dazu stiegen die strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen um 3,1 Prozent auf 890 Fälle. Besonders auffällig: Einbruchsdiebstähle in Keller stiegen von 11 auf 21 Delikte. Wohnungseinbrüche nahmen hingegen leicht ab (7 auf 6). Leichte Sachbeschädigungen nahmen um vier Prozent zu (von 177 auf 184 Delikte), schwere Sachbeschädigungen gingen von neun auf fünf Fälle zurück. Die Zahl der angezeigten Diebstähle stieg leicht von 228 auf 236 Fälle (plus 3,5 Prozent), während Erpressungen seltener wurden (von 20 auf 14 Delikte, minus 30 Prozent).
Suchtmittelkriminalität: Rückgang, aber Dunkelfeld bleibt
Ein Rückgang im Bereich der Suchtmittelkriminalität – von 209 auf 156 Fälle – klingt auf den ersten Blick positiv (minus 25,4 Prozent). Laut Bezirkspolizeikommandanten Michael Jaufer ist dieser Rückgang allerdings differenziert zu betrachten. Häufig klafft eine Lücke zwischen objektiver Datenlage und subjektivem Sicherheitsgefühl. Es wird vermutet, dass viele Verstöße im sogenannten „Dunkelfeld“ verbleiben – also unentdeckt oder nicht angezeigt werden. Jaufer: „Entsprechend wird die Polizei im Bezirk Lienz neue Wege suchen und beschreiten, um die Realität annäherungsweise besser abbilden zu können“.
Weniger Internetbetrug, mehr Cyberkriminalität
Die Zahl der Internetbetrügereien sank um fast 20 Prozent – von 193 auf 155 Fälle. Auch digitale Erpressungen gingen deutlich zurück (23 auf 16 Fälle, minus 30,4 Prozent). Doch während die klassischen Cyberkriminalitätsdelikte zurückgingen, stiegen die Fälle von „Money Mules“ – Personen, die sich für illegale Geldtransfers rekrutieren lassen – von 52 auf 71.
Die Polizei bleibt wachsam
„Insgesamt hat sich gezeigt, dass die Schwerpunktthemen richtig gesetzt wurden. Diese werden für 2025 wiederum an die aktuellen Entwicklungen angepasst“, sagt der Bezirkspolizeikommandant. Für das kommende Jahr plant das Bezirkspolizeikommando verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere zu IT-Sicherheitsthemen. Die sichtbare Präsenz von Polizeistreifen im öffentlichen Raum habe sich bewährt und werde weiterhin forciert. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf Gewalt im privaten Umfeld: Speziell geschulte Ansprechpartner stehen Betroffenen zur Verfügung – auch in Zusammenarbeit mit Opferschutzeinrichtungen.