Über 10.000 Pakete am Tag prozessieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amazon-Verteilzentrums in Premstätten bei Graz. Nach der Eröffnung im September herrscht aktuell rund um das Weihnachtsgeschäft Vollbetrieb. Um diesen Ansturm zu bewältigen, hat Amazon die Belegschaft aufgestockt: Von den insgesamt 130 Mitarbeitenden wurden 60 als saisonale Kräfte eingestellt, um die erhöhte Nachfrage bis Weihnachten zu meistern. „Von ursprünglich 30 Mitarbeitenden im September sind wir jetzt mit 130 Arbeitskräften im Vollbetrieb“, so Sandra Schänzer, Standortleiterin des Verteilzentrums Premstätten.
Neben der personellen Verstärkung kommt auch modernste Technik zum Einsatz. Ein sogenannter „automatischer Finger“ hilft dabei, Pakete schneller zu sortieren und ermöglicht ein höheres Volumen in der Verarbeitung. So können die Abläufe trotz der enormen Paketmengen effizient gestaltet werden.
Das Amazon System dirigiert die Paketmassen
Der Betrieb im Verteilzentrum beginnt für die Nachtschicht um 2 Uhr morgens. Lkws bringen die Pakete aus den Logistikzentren. Diese Pakete werden ausgeladen und mit einem Sticker versehen. Der Sticker bestimmt den weiteren Weg des Pakets. Dahinter steckt das zentrale Steuerungssystem von Amazon: Es berechnet ab dem Moment der Bestellung den effizientesten Weg für das Paket – von den Logistikzentren bis hin zu den Kunden. Dabei nimmt das Verteilzentrum eine zentrale Rolle ein, denn hier werden die Paketmengen aus den Logistikzentren auf die einzelnen Transporter verteilt.
Nach der Etikettierung werden die Pakete auf Fließbänder gelegt, wo sie an die nächsten Stationen weitergeleitet werden. Dort sortieren Mitarbeitende die Pakete in spezielle Taschen. Der Sticker wird gescannt, und ein Lichtsignal zeigt an, in welche Tasche das jeweilige Paket einsortiert werden soll. Sobald die Taschen gefüllt sind, werden sie zum Ladebereich gebracht. Von dort aus werden die Pakete für den finalen Transport zu den Kunden abgeholt. Die Auslieferung erfolgt dabei nicht durch Amazon selbst, sondern wird von Lieferpartnern übernommen.
Ein ähnlicher Prozess läuft auch in den vier weiteren österreichischen Verteilzentren bei Klagenfurt, Großebersdorf und Wien ab.
Betriebsrat benennt Probleme in Premstätten
Seit Mai gibt es bei Amazon Österreich einen Betriebsrat für Angestellte, ein Vorhaben, auf das lange hingearbeitet wurde. „Die Gründung war eine Herausforderung, aber durch die Zusammenarbeit und das Engagement vieler Beteiligter konnten wir dieses Ziel erreichen“, so der Betriebsratsvorsitzende Sebastian Nestorov gegenüber der Kleinen Zeitung.
Im Verteilzentrum Premstätten gab es zuletzt einige Herausforderungen, die sowohl den Betriebsrat als auch die Mitarbeitenden beschäftigt haben. „Wir haben uns intensiv mit Themen wie Arbeitsbelastung und Arbeitszeiten auseinandergesetzt, insbesondere während der geschäftigen Weihnachtszeit, die für alle im Unternehmen eine besondere Herausforderung darstellt“, so Nestorov. Der Betriebsrat betont dabei die Wichtigkeit eines offenen Dialogs mit der Unternehmensleitung, um langfristig Verbesserungen für alle Mitarbeitenden zu erzielen.
Amazon klagt gegen Arbeiterbetriebsrat
Am Montag bildete sich zudem erstmal ein Betriebsrat für Arbeiterinnen und Arbeiter in Österreich. Das neun Mitglieder umfassende Betriebsratsteam ist für knapp 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Amazon-Logistikstandorten in Wien, Niederösterreich, Kärnten und Steiermark zuständig. Der Hauptsitz des Betriebsrats ist im niederösterreichischen Amazon-Logistikzentrum in Großebersdorf, unter Vorsitz von Jorge Plaut.
Hauptgrund für die Gründung eines Betriebsrats war laut Plaut, sich für die Rechte der Kollegen einzusetzen. „Wir glauben fest an die Bedeutung von Solidarität und Gerechtigkeit am Arbeitsplatz. Als Betriebsrat setzen wir uns dafür ein, menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu verteidigen und ein respektvolles Arbeitsumfeld zu fördern“, so Plaut in einer Aussendung.
Der Onlinehändler Amazon hat beim Landesgericht Korneuburg Klage gegen die Wahl des ersten Arbeiterbetriebsrats des Unternehmens in Österreich eingereicht. Dies wurde damit begründet, dass die Wahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
Zu den Arbeitsbedingungen im Verteilzentrum in Premstätten wollte sich der frisch gebackene Betriebsrat der Arbeiterinnen und Arbeiter auf Anfrage der Kleinen Zeitung noch nicht äußern. Zuerst müssen sich alle Betriebsräte der Länder untereinander austauschen, hieß es von Seiten der Gewerkschaft.
Vorwurf des Deep-Lobbying in Deutschland
Kurz vor dem Black Friday, dem umsatzstärksten Tag von Amazon, veröffentlichte die deutsche NGO Lobby Control Vorwürfe des Deep-Lobbyings gegenüber dem US-Unternehmen. Durch gezielte regionale Lobbyarbeit soll Amazon in Deutschland versuchen sein Image aufzupolieren. Die Aktivitäten von Amazon in Deutschland beziehen sich laut Lobby Control auf das unmittelbare Umfeld um die Logistikzentren des Konzerns. Damit zielen die Aktivitäten des Konzerns vor allem auf die Kommunalpolitik ab.
Die NGO sieht darin den Versuch, mithilfe eines positiven Images und Zustimmung in der Bevölkerung die Politik einfacher für die eigenen Belange einzuspannen. Gleichzeitig sollen Politik und Öffentlichkeit überzeugt werden, dass es im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen kein Handlungsbedarf bestehe, welche immer wieder kritisiert werden.
Welche lokalen Projekte unterstützt werden
Auch in Premstätten hat Amazon regionale Projekte wirtschaftlich unterstützt. Auf eine Anfrage der Kleinen Zeitung reagierte die Gemeinde Premstätten nicht. Das Unternehmen listete allerdings gegenüber der Kleinen Zeitung folgende finanzielle Unterstützungen vor Ort auf:
- 25.000 Euro gingen im September 2024 an das Österreichische Rote Kreuz, um Menschen zu helfen, die von Hochwasser betroffen waren.
- 5.000 Euro spendete das Amazon-Forschungszentrum in Graz an die Aktion „Steiermark hilft“ für ein Sommercamp, das 13 ukrainischen Kindern eine Woche am Wörthersee ermöglichte.
- 5.000 Euro wurden im Juli 2024 an die Team-Österreich-Tafel gespendet, zusätzlich zu den 16.000 Euro, die 2023 übergeben wurden.
- 5.000 Euro unterstützten die Tafel Graz direkt mit Lebensmitteln und finanziellen Mitteln.
- Mit der Eröffnung des Verteilzentrums in Premstätten flossen 2.000 Euro an den lokalen Fußballverein SC Unterpremstätten und 3.000 Euro an die Freiwillige Feuerwehr Zettling für die Anschaffung eines Wasserwerfers.
- Zusätzlich betreibt Amazon Bildungsinitiativen wie Amazon Future Engineer und AWS Educate, um Kindern, Jugendlichen und Fachkräften Wissen in zukunftsträchtigen Bereichen wie Cloud Computing zu vermitteln.
Das Unternehmen möchte mit der lokalen Unterstützung etwas an die Region zurückgeben und sieht darin nichts Problematisches. Dieses Engagement wird von den lokalen Organisationen positiv angenommen, so eine Sprecherin gegenüber der Kleinen Zeitung.