Es ist Abend geworden in San Francisco, die Straßen werden leerer. Es wird Zeit, den Heimweg anzutreten, via App wird ein Taxi bestellt. Kurz darauf fährt ein weißer Wagen mit der Aufschrift "Cruise" vor, die Türen des Autos müssen mit der App entsperrt werden. Man nimmt auf der Rückbank Platz und blickt auf den Fahrersitz hinter einer Plexiglaswand - auf dem niemand sitzt. Das Lenkrad dreht sich von selbst, es wird geblinkt und das Taxi braust in Richtung Zielort los.

Was wie Sciencefiction klingt, ist in der Stadt im US-Bundesstaat Kalifornien bereits Realität - wenn auch mit Einschränkungen. Bisher rittern zwei Anbieter der fahrerlosen Taxis um Kunden: Waymo (gehört zum Google Konzern Alphabet) und Cruise. Letzterer gehört zu General Motors und startete mit 30 entsprechenden Autos. Heute sind deutlich mehr im Einsatz. Um die 15.000 Personen haben aktuell Zugriff auf die App. Die Fahrzeuge sind mit zahlreichen Kameras und Sensoren ausgestattet, sie scannen die Straße nach anderen Autos, Fußgängern, Schildern und Co. und reagieren darauf entsprechend.

Kein Trinkgeld

Unbemannt dürfen diese aktuell jedoch nur zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr früh unterwegs sein, in den chronisch verstopften Straßen der Stadt untertags müssen bisher noch echte Fahrerinnen und Fahrer am Steuer sitzen. Wer mitfahren will, muss sich registrieren und warten, bis er ins Kundenregister aufgenommen wird. Preislich sind die Fahrzeuge etwas günstiger als ihre bemannten Mitbewerber Uber und Lyft - und das Trinkgeld entfällt.

Geht es nach den Anbietern, soll die unbemannte Flotte bald rund um die Uhr im Einsatz sein. Doch die Stadt gibt sich vorsichtig. Kein Wunder, kommt es durch die Fahrzeuge auch immer wieder zu Behinderungen. Erst vor gut einem halben Jahr hielten mehrere Taxis plötzlich an, weil ein Problem in der Steuerung aufgetreten war. Verkehrschaos war die Folge.

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Laut Mario Herger, der seit 2001 im Silicon Valley lebt und zu Technologietrends forscht, seien unbemannte Fahrzeuge dennoch die Zukunft. "Bis 2025 rechne ich mit 25 bis 50 Taxiflotten in den USA", erklärt er. Laut Herger wird sich auch das Aussehen der autonomen Taxis verändern. "Die werden dann eher wie Zugabteile oder Kabinenroller aussehen und auf Komfort und individuelle Vorlieben wie Musik- und Duftauswahl setzen", erklärt er. Die Angst vor dieser Entwicklung werde bald durch den praktischen Aspekt des Einsatzes ersetzt.

Tatsächlich weicht das zu Fahrtbeginn mulmige Gefühl, dass man beim Anblick des von allein drehenden Lenkrads und des leeren Fahrersitzes bekommt, relativ schnell Neugier und Gelassenheit. Zwei Bildschirme hinter der Frontbank zeigen an, wo man sich befindet und wie lang die Fahr noch dauert. Ein Knopf am Dach könnte die Fahrt zur Not beenden. Kameras filmen auch uns Passagiere während der Fahrt, Ton werde keiner aufgezeichnet, wird seitens Cruise versichert.

Als sich der Wagen dem Zielort nähert, wird das Auto langsamer, es blinkt und fährt zur Seite. Erst, wenn es steht, wird man aufgefordert, sich abzuschnallen und das Fahrzeug zu verlassen. Sind die Türen zu und der Abstand zum Auto groß genug, fährt der Wagen davon - und zu seiner nächsten Fahrt.