Ist das wirklich die Zukunft? Leise setzt sich der neue Mirai in Bewegung. Da klingt nichts mehr nach Labor, die rauschartigen Zustände seines Vorgängers (sphärische, ungewöhnliche Klänge vom Lüfter/Brennstoffzelle und Wasserstoffpumpe) sind Vergangenheit. 

Der Mirai ist angekommen, kein Versuchsträger mehr. Toyota hat seinen Technologie-Eisbrecher für eine kommende Wasserstoffgesellschaft völlig neu aufgesetzt, inklusive Preisgestaltung. 

Der neue Mirai wird 59.990 Euro kosten, das sind rund 20 Prozent weniger als beim alten Mirai. Das ist umso erstaunlicher, weil der neue Mirai dem alten in allen Belangen so überlegen ist.

Toyota Mirai
Toyota Mirai © (c) Robert May

Gerald Killmann, Motor-Guru bei Toyota Europe, hat solche  und Preissprünge bei neuen Technologien in einem Interview mit der Kleinen Zeitung einmal so erklärt: „Bei der ersten Hybrid-Generation haben wir draufgezahlt, bei der zweiten die Kosten halbiert. Bei der dritten war es ein Drittel, bei der vierten Generation ein Viertel der Kosten. Ähnliches können wir uns auch beim Wasserstoff vorstellen.“

Diese Eckdaten sind deshalb so wichtig, weil Toyota an eine Wasserstoffgesellschaft glaubt. Das E-Auto sieht man mehr oder weniger als eine Brückentechnologie für bestimmte Anwendungsgebiete. Aber die Zukunft, die gehört laut Toyota dem Wasserstoff.

Deshalb hat man auch so viel Hirnschmalz in den neuen Mirai investiert: Batterie und Elektromotors sind im Heck, die Brennstoffzelleneinheit wurde vom Fahrzeugboden unter die Motorhaube transferiert.

Toyta Mirai
Toyta Mirai © (c) Robert May

Der gesamte Brennstoffzellen-Komplex samt Batterien ist kleiner, leichter kompakter - bei gleichzeitig höherer Leistungsdichte. Freilich wird die frische neue Kraft von 134 kW von 2,4 Tonnen Lebendgewicht relativiert, der Mirai ist mehr ein Gleiter. Vergleichbar mit einem Hybrid-Auto, das rund sieben Liter Sprit auf 100 Kilometer benötigt - so sieht Toyota die offiziellen Unterhaltskosten. 

Die Reichweite wurde dank der neuen Plattform und weil man jetzt auch drei Tanks im Unterboden verbauen konnte, auf rund 650 Kilometer erweitert. So lange der Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde, fährt man klimaneutral.

Mehr noch, und dieses Argument ist nur schwerlich zu toppen: Die Umgebungsluft, die der Mirai während der Fahrt inhaliert, kommt sauberer aus dem Auto, als sie ursprünglich war. 

© Robert May

Im Mirai wird die Luft nämlich gefiltert. Toyota erklärt das so: „Aus der Luft, die zur Versorgung der Brennstoffzelle eingesogen wird, fängt ein elektrisch geladenes Vlies-Element mikroskopisch kleine Partikel ab. Darunter Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOx) und PM-2,5-Nanopartikel. In Zahlen ausgedrückt: Effektiv bleiben 90 bis 100 Prozent aller Partikel mit einem Durchmesser zwischen null und 2,5 Mikrometern, die durch den Ansaugtrakt strömen, hängen.“ 

Netter Nebeneffekt: Im Display sieht man, wie viel Luft der Mirai gereinigt hat und wie viele Menschen davon profitieren, weil ihre Atemluft sauberer gemacht wurde.

Bei so viel Nachhaltigkeit muss aber auch anerkannt werden: Der neue Mirai ist kein lebensunlustiges Öko-Statement, sondern ein echter Eyecatcher geworden. Längerer Radstand (2920 Millimeter), niedriger (65 Millimeter auf 1470 Millimeter reduzierte Fahrzeughöhe), und insgesamt 4975 Millimeter lang, dazu eine breitere Spur - der Auftritt hat Kraft.

Die wird Toyota auch brauchen. Das Tankstellennetz in Österreich, wenn man es so bezeichnen möchte, hat verdammt breite Maschen. Fünf öffentliche Tankstellen gibt es. Aber wenn man eine Tankstelle gefunden hat, dauert das Betanken keine fünf Minuten. Im Vergleich zum Laden eines E-Autos sind das Welten. 

Killmann betont, wie fokussiert Toyota den Weg Richtung Wasserstoffgesellschaft geht. In Japan seien politisch die Weichen dafür längst gestellt worden: „Man hat das früh politisch erkannt, Autoproduzenten und Energieunternehmen eingebunden und einen Plan aufgestellt: 2020 soll es 160 Tankstellen, 2025 320 und 2030 gleich 900 Wasserstoff-Tankstellen geben. Die Autoindustrie muss 2020 40.000 Autos, 2025 200.000 und 2030 800.000 Autos bereitstellen. Das war ein Abkommen vor ein paar Jahren, und weil alle wissen, dass mit diesen Vorgaben ein Businesscase gegeben ist, machen alle mit. Die Behörden bereiten außerdem keine Schwierigkeiten, wenn es um Genehmigungen etwa für Tankstellen geht.“ 

In Japan sieht man das Feld noch weiter, es geht nicht nur um Autos. Es ist industrieweit und politisch anerkannt, dass Wasserstoff die Methode ist, um erneuerbare Energie zu speichern, sagt Killmann. Und: "Wir bauen auch eine Pilotstadt, wo die Leute in neuen Häusern wohnen, leben und arbeiten werden, wo Wasserstoff das zentrale Thema ist. Die Fragen, die wir beantworten wollen: Akzeptieren die Leute das alles? Wollen sie so leben?"

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