Sollte die Ukraine wirklich wie angekündigt ab 2025 kein russisches Gas mehr in den Westen durchleiten, könnte die OMV ihre Kunden auch mit Gas aus anderen Quellen vollständig beliefern. „Wir haben nicht-russische Gasmengen vertraglich abgesichert – teilweise aus eigener Produktion, teilweise aus Verträgen mit Dritten“, sagte OMV-Chef Alfred Stern am Dienstag zur APA. „Und wir haben die Pipeline-Kapazitäten jetzt auch bis 2028 gebucht, um das nach Österreich zu bringen.“

Die Gaslieferungen aus Russland seien unzuverlässig und mit wesentlich mehr Risiko behaftet als in der Vergangenheit, sagte der OMV-Chef. Darum habe man andere Lieferanten und Transportwege gesucht und gefunden. Die von der OMV gebuchten Pipeline-Kapazitäten seien Gasleitungen aus dem Westen, nicht die ukrainischen Kapazitäten. „Wir können bei Bedarf unsere Kunden jederzeit vollständig beliefern mit nicht-russischen Gasmengen, wenn das notwendig ist.“

OMV-Marktanteil bei 30 Prozent

Damit habe die OMV ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit geleistet. „Wir sind in Österreich der größte Marktspieler – allerdings mit einem Marktanteil von 30 Prozent. Für diese 30 Prozent haben wir jetzt abgesichert, dass wir das auch jederzeit liefern können, auch wenn diese Pipeline-Kapazitäten dort ausfallen sollten.“

Die OMV-Gasspeicher seien praktisch voll, und die vor einem Jahr angekündigte Schiffsladung LNG aus Abu Dhabi „wird im Dezember kommen“, so Stern. Mit dem staatlichen norwegischen Energieriesen Equinor wurde ein Fünf-Jahres-Liefervertrag über 12 TWh Gas pro Jahr abgeschlossen – Österreichs jährlicher Verbrauch beträgt rund 90 TWh.

Die Verhandlungen mit Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) über einen möglichen Zusammenschluss der Chemiegeschäfte der OMV-Kunststofftochter Borealis und dem Borealis-Joint-Venture Borouge gehen laut Stern „ergebnisoffen“ weiter. Man verhandle über „eine Firma, wo wir gleiche Anteile mit gleichen Rechten an einer börsennotierten Firma haben würden“. Es gehe um jene Wachstumsplattform im Bereich Polyolefine, also in einem eingeschränkten Chemie-Marktsegment.

Beim Gasprojekt Neptun im rumänischen Schwarzen Meer sei der Fortschritt gut, sagte der OMV-Chef. „Der Entwicklungsplan für die kommerziellen Erdgasfelder Domino und Pelican South wurde jetzt von der nationalen Agentur für Bodenschätze in Rumänien genehmigt.“ Damit sei das Projekt nun in der Entwicklungsphase mit Bohraktivitäten und dem Aufbau der Erdgasförderung. „Wir haben auch seitdem den größten Engineering-, Beschaffungs-, Bau-, Installations- und Inbetriebnahme-Leistungsvertrag mit einer Firma Saipem abgeschlossen über 1,6 Mrd. Euro.“

Mit dem Geschäftsverlauf im dritten Quartal zeigte sich Stern im Gespräch mit der APA zufrieden. Auf operativer Ebene und beim Nettoergebnis gab es zwar einen deutlichen Einbruch, allerdings gemessen an einem außergewöhnlich guten vergangenen Jahr. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres sei es zu einer Normalisierung der im Vorjahr extrem hohen Öl- und Gas-Marktpreise gekommen.

Gewinn sinkt auf 1,3 Milliarden Euro

Im 3. Quartal des laufenden Geschäftsjahres brach das bereinigte CCS EBIT (geglättet um Schwankungen der Rohstoffpreise) um 62 Prozent auf 1,334 Mrd. Euro ein. Das bereinigte CCS-Nettoergebnis sank gegenüber dem gleichen Quartal des Vorjahres um 64 Prozent auf 431 Mio. Euro. Allerdings sei das Ergebnis des dritten Quartals schon wesentlich besser als das des zweiten Quartals, sagte Stern. Beim Operating Cashflow (excluding net working capital) habe man auf 1,9 Mrd. Euro signifikant zugelegt. Das liege auch an vielen Steuern und Sonderposten im zweiten Quartal.

Im Zeitraum Jänner bis September ging das CCS-Operative-Ergebnis vor Sondereffekten um 49 Prozent auf 4,592 Mrd. Euro zurück, das CCS-Nettoergebnis fiel mit 1,928 Mrd. Euro um 48 Prozent niedriger aus als im gleichen Vorjahreszeitraum. Das Ergebnis je Aktie ging im 3. Quartal von 2,55 Euro auf 1,45 Euro zurück.

Wegen der heuer deutlich niedrigeren Marktpreise gingen die Konzernumsatzerlöse um 45 Prozent auf 9,469 Mrd. Euro zurück. Für 2023 erwartet die OMV einen durchschnittlichen Brent-Rohölpreis von 80 US-Dollar (75,44 Euro) pro Fass (2022: 101 Dollar) und einen durchschnittlich realisierten Gaspreis von rund 30 Euro je MWh (2022: 54 Euro je MWh).