Die ÖVP macht massiv Druck, das Verbot für unterirdische CO₂-Speicherung in Österreich schnellstmöglich zu kippen. Angekündigt hatte das bereits Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) vor wenigen Tagen, bei einem Besuch in Norwegen setzte nun auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach: „Norwegen hat das vorgezeigt und speichert CO₂ seit vielen Jahren schon ein. Es ist Zeit, dass auch Österreich das tut“. Carbon Capture Storage, kurz CCS, sei eine Schlüsseltechnologie, sagt der Kanzler bei einem Pressegespräch mit dem Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre in Oslo. Nehmammer appellierte, bei der zu erwartenden österreichischen, aber auch europäischen Diskussion technologieoffen und forschungsfreundlich zu bleiben. „Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, müssen wir uns damit auseinandersetzen.“

Es war kein Zufall, dass ausgerechnet an diesem Vormittag des eintägigen Arbeitsbesuches von Nehammer und auch Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) in Oslo, die OMV einen weiteren Deal mit dem staatlichen norwegischen Energiekonzern Equinor bekannt gab. Ab kommenden Sonntag steigen die Liefermengen pro Jahr um weitere zwölf Terawattstunden Erdgas. Was gut einem Neuntel des gesamten österreichischen Bedarfs entspricht. Der Kontrakt wurde für fünf Jahre abgeschlossen.

"Wertschöpfungskette entlang von CO₂ entwickeln“

Die Abhängigkeit von russischem Gas sinkt damit weiter, die OMV wird damit aber wieder deutlich fossiler - denn sie dürfte das vertraglich angelieferte Erdgas der Gazprom schlichtweg weiterverkaufen.

Norwegen arbeitet seit Jahrzehnten am Geschäftsmodell, fossile Energie zu verkaufen und künftig CO₂ zurückzukaufen. „Es geht darum, eine Wertschöpfungskette entlang von CO₂ zu entwickeln“, sagt Norwegens Premier. Man wolle und könne Europa einen großen Teil des CO₂ für Jahrzehnte abnehmen. „Das bedeutet nicht, dass wir die Müllhalde Europas werden, sondern dass wir Pionier werden.“ Eine neuer Teil dieser Wertschöpfungskette soll bei Oslo entstehen: Aus der größten Müllverbrennungsanlage sollen in einigen Jahren 400.000 Tonnen CO₂ pro Jahr verflüssigt und weg verfrachtet werden. Allein schossen die Projektkosten von rund 900 Millionen Euro um mehrere hundert Millionen in die Höhe, sodass die Finanzierung 2024 neu aufgestellt werden muss.

Führung durch das CO₂-Speicherprojekt der Firma Hafslund Oslo Celsio
Führung durch das CO₂-Speicherprojekt der Firma Hafslund Oslo Celsio © (c) APA/HARALD SCHNEIDER (HARALD SCHNEIDER)

Bei Carbon Capture Storage wird CO₂ unter die Erde gepresst - in Norwegen rund 3000 Meter unter den Meeresboden des Kontinentalschelfs. Der aufgrund seiner Öl- und Gasverkäufe reiche norwegische Staat will so weltweit der erste mit negativen CO₂-Emissionen sein.

"Es gibt viele Mythen rund um CCS"

In Österreich ist CCS verboten, wo die Zwei-Drittel-Mehrheit herkommt, um das zu beenden und wie dann neue Gesetze auf den Weg gebracht werden, ist völlig offen. Auch in einer Reihe anderer EU-Länder ist CCS nicht erlaubt, die EU-Kommission hat es aber auf ihre Agenda gesetzt, weil viele Industrien nicht oder nur schwer zu CO₂-frei zu bekommen sind. Die Ressentiments in der Bevölkerung sind groß. Store dazu: „Wir müssen auf Wissen setzen. Es gibt viele Mythen rund um CCS, aber Norwegen lagert CO₂ schon seit über 30 Jahren ein. Es gibt einen Business Case dazu, und wir laden Freunde sich den anzusehen. Für mich ist klar, dass wir ohne CCS die Klimaziele nicht erreichen können.“

Norwegen ist Europas wichtigster Gaslieferant, künftig wohl auch für Wasserstoff. Die OMV ist hier seit vielen Jahren verankert, fördert selbst in mehreren Gasfeldern. Einen Tausch der OMV-Norwegen-Anteile gegen noch mehr Beteiligungen in Gazprom-Felder in Russland, wie EX-OMV-Chef Rainer Seele das wollte, verhinderten die Norweger. Was heute ein Glücksfall für die Republik als Haupteigner der OMV ist.

Potenzielle CCS-Lager in Österreich

Die OMV stieg hier im Frühjahr in die CCS-Technologie ein. Viele Gasfelder in Österreich werden bald ausgefördert sein, sie wären potenzielle CCS-Lager, die auch wieder angezapft werden sollen, etwa für die Nutzung in der chemischen Produktion. Wer künftig seinen Industrien nicht die CO₂-Speicherung in der Erde anbieten kann, darf damit rechnen, dass andere Länder in die Bresche springen. Megafabriken können auch in der Wüste entstehen. Das ist das Geschäftsmodell der Ölscheichs. Auch vom OMV-Partner ADNOC aus Abu Dhabi, der zu einem der größten Chemiekonzerne der Welt werden will.

Die Teilnahme erfolgte mit Unterstützung des Bundeskanzleramts.