Mehr als drei Mietpreiserhöhungen binnen eines Jahres waren 2022 keine Seltenheit für Personen, deren Mietzins durch sogenannte Wertsicherungs- bzw. Indexklauseln in den Verträgen an die Inflationsrate angepasst wird. „Bevor die Inflation in Österreich davongaloppiert ist, wurde bei einer Standard-Wertsicherungsklausel bei freier Mietzinsvereinbarung im Schnitt alle zwei bis drei Jahre erhöht“, zeigt Christian Lechner von der Mietervereinigung die Relationen auf.

Freie Formulierungen

Nun gibt es im Teil- und Vollausnahmebereich des Mietrechtsgesetzes (was Altbauwohnungen ausschließt) hinsichtlich der Indexierungsvereinbarung bis auf die Sittenwidrigkeit grundsätzlich keine gesetzlichen Schranken. Soll heißen: In vielen Verträgen sind Indexklauseln frei formuliert.
Zwei neue Urteile des Obersten Gerichtshofs (OGH) deuten darauf hin, dass etliche dieser Formulierungen rechtswidrig sein könnten, was die Rückforderbarkeit von Inflationsanpassungen in Aussicht stellt. Die OGH-Urteile betreffen Indexklauseln in Verträgen zwischen gewerblichen Vermietern (das können auch Private mit mehr als ein paar Wohnungen sein) und privaten Mietern. Hier gilt das Konsumentenschutzgesetz.

Die Entscheidungen des OGH

Einerseits wurden vom OGH, wie der Wiener Anwalt Oliver Peschel erklärt, Indexklauseln für unzulässig erklärt, die einen Bezugswert heranziehen, der deutlich vor Abschluss des Mietvertrages liegt. Ein Beispiel: „Der Mietvertrag beginnt mit 1. Jänner 2020 und der VPI vom September 2019 wird angeführt. Dann habe ich schon beim Einzug eine Mieterhöhung.“ Das lasse sich, so Peschels Ansicht, auch für ältere Verträge durchspielen.
In einem zweiten Urteil stellte der OGH sozusagen „nebenbei“ die Rechtswidrigkeit von Indexklauseln fest, die eine Mietpreiserhöhung innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsbeginn zulassen bzw. nicht ausschließen – auch hier geht es um das Konsumentenschutzgesetz.

Peschel geht nun davon aus, dass in Österreich Hunderttausende Indexklauseln rechtswidrig sind und die betroffenen Mieterinnen und Mieter „Geld für die letzten 30 Jahre“ zurückfordern können. Am vergangenen Mittwoch hat er offiziell eine österreichweite Sammelklage angekündigt. Es gibt eine eigene Website dazu. Bis Freitag habe sich bereits eine dreistellige Anzahl an Mietern bei ihm gemeldet, wie er sagt. In den Fällen, in denen Betroffene keine Rechtsschutzversicherung haben, springen Prozessfinanzierer ein.

Sammelklage österreichischer Prägung

Eine Sammelklage nach amerikanischem Muster gibt es in Österreich nicht, aber eine Sammelklage österreichischer Prägung, wie sie der VKI vor 20 Jahren gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Alexander Klauser entwickelt hat. In diesem Sinne strebt Peschel, wie er sagt, ein „gesammeltes Verfahren mit mehreren Einzelverfahren“ an. Mit ersten Gerichtsurteilen im Sinne der Mietparteien rechnet er noch heuer bzw. Anfang des kommenden Jahres.

An Einwänden aus Juristen-Kreisen mangelt es nicht. Für Thomas Hirmke, Leiter der Rechtsabteilung des VKI, spießt es sich vorrangig an einem Punkt: „Sammelklagen richten sich logischerweise gegen nur einen Beklagten, wie etwa eine Bank, die sehr viele Kunden hat. Bei Mietverträgen hat man es aber mit Tausenden Vermietern zu tun. Da ist es fraglich, wie das sammelbar ist.“ Auch welche Verjährungsfrist (drei oder 30 Jahre) hier gilt, sei eine Streitfrage.