Dass sich der giftige Mix aus hoher Inflation, Energiekrise und Konjunkturabkühlung auch auf die Insolvenzzahlen durchschlagen wird, war klar. Im bisherigen Jahresverlauf spielten die Energiepreise bei den Insolvenzanträgen steirischer Unternehmen noch eine untergeordnete Rolle. Das hat sich in der Vorwoche schlagartig geändert – mit der Insolvenz der Christof Industries Austria (Passiva: rund 66 Millionen Euro). Im Eigenantrag führte das Unternehmen auch massive Lieferverzögerungen sowie „enorme Preissteigerungen von teilweise 200 bis 300 Prozent bei Vormaterialien und Energie“ – verursacht auch durch den Krieg in der Ukraine – als Ursache für das Sanierungsverfahren an. „Das war die erste steirische Großinsolvenz, bei der man sich explizit darauf beruft“, sagt Franz Blantz, Leiter der Geschäftsstelle Graz des Gläubigerschutzverbandes AKV. Es dürfte nicht die letzte bleiben.

„Besorgniserregend“

„Wir registrieren im Zusammenhang mit den gestiegenen Energie- und Produktionskosten eine Verstärkung, das ist aus mehreren Branchen zu hören.“ Vielfach sei es so, dass die Preissteigerungen in dieser Dimension nicht mehr an Kunden weitergegeben werden könnten. Wie stark diese Lage die Insolvenzzahlen in der Steiermark tatsächlich in die Höhe treiben werden, sei indes „unkalkulierbar“ und hänge letztlich auch davon ab, wie sich staatliche Hilfen im Detail gestalten werden. Es sei aber jedenfalls von einem weiteren Anstieg der Insolvenzfälle auszugehen.
In den ersten drei Quartalen 2022 registrierte der AKV 253 eröffnete Insolvenzverfahren – ein Plus von 50,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Besorgniserregend“ sei die drastische Zunahme der mangels Masse abgewiesenen Verfahren – sie hat sich von 71 auf 137 nahezu verdoppelt, so Blantz.

Mehr betroffene Jobs, höhere Passiva

Kräftig zugenommen haben in der Steiermark auch die von Insolvenzen betroffenen Dienstnehmer – die Zahl kletterte im Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2021 von 799 auf 1460. Und auch die Gesamtpassiva bei den eröffneten Firmenpleiten legte sehr stark zu – um 141 Prozent auf 258,38 Millionen Euro.

Wie geht’s weiter? „Der Corona-Nachholeffekt nach dem Auslaufen staatlicher Hilfen wird derzeit verstärkt von der inflationären Entwicklung, den gestiegenen Energie- und Produktionskosten, möglichen Produktionsstopps und einem vorhersehbaren Konsumrückgang“, sagt Blantz. Seine Sorge: Es könnten auch an sich gesunde Unternehmen in Schieflage geraten, die die Corona-Krise gut überstanden haben. Im bisherigen Jahr gab es österreichweit in der Bauwirtschaft die meisten Insolvenzen, gefolgt vom Handel und der Gastronomie.

Rekord bei Privatinsolvenzen bahnt sich an

Ein Rekordjahr bahnt sich unterdessen bei den Privatinsolvenzen an, derzeit gibt es in der Steiermark im Schnitt 21 Fälle pro Woche. Im bisherigen Jahresverlauf summieren sie sich bereits auf 825. Gehe es so weiter, prognostiziert Blantz, werde der bisherige Höchststand von 1024 Fällen aus dem Jahr 2018 heuer noch übertroffen.