Die Verbraucherpreise in den USA sind im Februar so kräftig gestiegen wie seit 40 Jahren nicht mehr. Waren und Dienstleistungen kosteten im Schnitt um 7,9 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Das ist der höchste Wert seit Jänner 1982. Experten hatten mit 7,9 Prozent gerechnet, nach 7,5 Prozent im Jänner. Seit dem vergangenen August hat sich die Teuerung in den USA kontinuierlich verstärkt.

Materialengpässe in Folge der Coronakrise und rasant steigende Energiekosten treiben die Inflation immer höher. Im Februar hat sich die Energie um 25,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat verteuert. In der größten Volkswirtschaft der Welt steigt die Inflation damit immer weiter über das von der US-Notenbank Fed angepeilte Ziel von zwei Prozent.

Energie wird noch teurer

Der Ukraine-Krieg und Sanktionen gegen Russland dürften die Energie weiter verteuern. Dies könnte laut Chefstrategen John Vail vom Vermögensverwalter Nikko Asset Management den Privatkonsum und damit die gesamte Wirtschaftskraft in den USA bremsen.

US-Präsident Joe Biden räumte ein, Preissteigerungen belasteten das Budget von Amerikanern, und versprach, dagegen anzugehen. Auch wenn sich der Anstieg der Inflationsrate seit längerem hinzieht, versucht Biden nun, vor allem die Aggression des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine für die Entwicklung verantwortlich zu machen. Am Donnerstag sprach Biden erneut von "Putins Preissteigerung". Er betonte: "Ein wichtiger Grund für die Inflation in diesem Monat war der Anstieg der Gas- und Energiepreise, da die Märkte auf Putins aggressives Vorgehen reagiert haben."

Sanktionen machen sich in den USA bemerkbar

Die harten Sanktionen gegen Russland machten sich auch in den USA bemerkbar, sagte Biden. Nach diversen anderen Strafmaßnahmen hatte die US-Regierung am Dienstag ein Importverbot für Öl aus Russland verfügt. Das hat Auswirkungen auf die Spritpreise in den USA. Schon jetzt haben die Benzinpreise einen Höchststand erreicht. Die Preissteigerungen könnten Biden und seinen Demokraten innenpolitisch in Schwierigkeiten bringen. Im November stehen Kongresswahlen in den USA an, und verbreiteter Unmut in der Bevölkerung über höhere Ausgaben wäre für den Präsidenten dann ein echtes Problem. Biden betonte: "Ich weiß, dass höhere Preise das Familienbudget belasten, und deshalb kämpfe ich für eine Senkung der Alltagspreise, die die Amerikaner unter Druck setzen."

"Faire Preise anbieten"

Unter anderem hätten die USA in Abstimmung mit den Verbündeten Öl aus der strategischen Reserve freigegeben, sagte er. "Meine Regierung setzt sich für Investitionen ein, damit wir mehr in Amerika produzieren, unsere Lieferketten stärken und Waren zu niedrigeren Kosten auf den Markt bringen können." Er fördere auch den Wettbewerb, um sicherzustellen, dass die großen Unternehmen den Verbrauchern faire Preise anböten.

Biden betonte zugleich, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sei insgesamt positiv. Die Zahl der Neuanträge auf Arbeitslosenhilfe bleibe niedrig, während Arbeitsplätze in Rekordzahl geschaffen würden. Seit dem Einbruch in der ersten Corona-Welle hat sich die Arbeitsmarktsituation in den USA generell tatsächlich deutlich gebessert. Die Zahl der Hilfsanträge hat ungefähr das Niveau erreicht, das in den Jahren vor der Coronakrise herrschte.

Zinsanhebung Mitte März erwartet

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) berücksichtigt die Entwicklung am Arbeitsmarkt stark bei ihren geldpolitischen Entscheidungen. Angesicht des robusten Arbeitsmarktes und der hohen Inflation hat die US-Notenbank für den März eine erste Leitzinsanhebung seit Beginn der Corona-Pandemie signalisiert. An den Finanzmärkten wird für Mitte März mit einem Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte gerechnet, wegen der hohen Inflation wird aber auch ein größerer Schritt um 0,5 Prozentpunkte nicht ausgeschlossen. Weitere Anhebungen dürften folgen.

Derzeit hält die Federal Reserve, die stabile Preise und Vollbeschäftigung sichern soll, den Schlüsselsatz noch in der Spanne von 0 bis 0,25 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung um einen Viertelprozentpunkt wurde an den Terminmärkten nach Veröffentlichung der Inflationsrate auf 95 Prozent taxiert.

Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner rechnet für 2022 insgesamt mit sechs Zinsschritten. "Angesichts des hohen Preisdrucks besteht das Risiko, dass die Fed auf den folgenden Sitzungen stärker auf die Bremse treten muss." Sie könnte demnach auch erwägen, einmal oder häufiger die Zinsen um einen halben Prozentpunkt anzuheben.

Preise ziehen auf breiter Front an

Die Preise ziehen derzeit auf breiter Front an. "Egal ob, Benzin, Lebensmittel, Übernachtungen, Flugreisen oder Mieten - alles ist deutlich teuer geworden", sagte Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. "Das Ende der Fahnenstange ist bei den Preisanstiegen noch nicht erreicht." Denn Unternehmen würden ihren hohen Kosten- und Lohndruck weiterreichen. "Die Inflationsrate dürfte somit immer noch nicht am Gipfel angelangt sein", betonte auch Weidensteiner. "Weil der Ukraine-Krieg einen Energiepreisschock ausgelöst hat, erwarten wir in den nächsten Monaten einen weiteren Anstieg Richtung 9 Prozent."

In den USA sei das Thema Inflation allgegenwärtig, erläuterte VP-Banker Gitzel. "Selbst die Zustimmungswerte von US-Präsident Joe Biden leiden unter den hohen Teuerungsraten." Der gesellschaftliche Druck gegen die steigenden Preis vorzugehen sei groß. "Die US-Notenbank hat damit einen Freifahrtschein für ein entsprechend aggressives Vorgehen", prognostizierte der Experte. "Die Fed dürfte wohl selbst einen wirtschaftlichen Abschwung in Kauf nehmen, um die Teuerung einzudämmen.