Der steirische Handelsgeneralist Kastner & Öhler und dessen Sporthandelstochter Gigasport gelten als Vorzeigeunternehmenbei der Digitalisierung des Handels. Die vierte Ausgabe des sogenannten "Omnichannel Readiness Index", erhoben von Handelsverband, Google und Mindtake Research, führt die beiden Filialisten als jeweils Beste ihrer Branche. Demnach gelingt den Unternehmen die Verzahnung der Vertriebskanäle on- und offline besonders gut. Den Gesamtsieg holt sich erneut die Baumarktkette Obi. Weitere Branchensieger sind Thalia, Mediamarkt, Peek & Cloppenburg, Bipa und Billa.

Spitzenwerte erreichen Kastner & Öhler und Gigasport in den Kategorien "Flexible Kontaktmöglichkeiten" für Onlineshopper sowie bei "Payment, Fulfillment und Returns" - hier geht es um Registrierung, Zahlungsmöglichkeiten, Flexibilität bei Lieferungen und Retouren.

In Zeiten, da immer wieder Geschäfte zusperren mussten, gewann die Kunst, Onlineshop und stationäre Filiale "in einem einzigen Kaufvorgang zu verbinden", an Bedeutung, stellt der Handelsverband anlässlich der Präsentation der Studienergebnisse fest. Während der Pandemie sind Umsätze im E-Commerce sprunghaft (um mehr als 17 Prozent) angestiegen.

Ältere Konsumenten treiben Wachstum an

Dass dies nachhaltig sein wird, zeigt mitunter diese Zahl: Die größte Steigerung sei  bei den sogenannten "Silver-Surfern" (ab 55 Jahren) festzustellen, erklärt Judith Dobretzberger von Google. 76 Prozent dieses Alterssegments kaufe online ein, vor der Pandemie seien es deutlich weniger gewesen. "Das Wachstum im E-Commerce ist stark getrieben durch ältere Nutzer."

"Die Kundinnen und Kunden wollen mehr Kommunikation im Vorfeld und aus gezielten Bezugsmodalitäten wählen können", erklärt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, ein zentrales Ergebnis der Studie. Zwar hätten viele Händler in der Pandemie ihr Service verbessert (93 Prozent) bzw. Investitionen in die Digitalisierung getätigt (73 Prozent), doch benennt Will nach wie vor brachliegendes Potenzial.

Womit Händler punkten könnten

"Nur 5 Prozent der Händlerinnen und Händler ermöglichen es, auf der Produktseite Fragen zum Produkt stellen zu können, zwei Drittel der Kunden wünscht sich das, ebenso wie die Rückruffunktion, die nach wie vor nur von 14 Prozent angeboten wird", bringt Will Beispiele. Ein weiteres: 81 Prozent der Konsumenten wollen Waren im Webshop auf eine einzige Filiale einschränken können, um gezielt shoppen zu können, doch nur 12 Prozent der Händler nutzen ihre Bestandsdaten für einen solchen Filter - obwohl viel mehr, nämlich 83 Prozent, die Möglichkeit dazu hätten. Auch habe der Handel bei der genauen Angabe von Liefer- oder Abholzeitpunkten noch viel Luft nach oben. Für 75 Prozent der Konsumenten sei dies jedoch essenziell, und zwar vor dem Kauf via Onlineshop, so Will.

An der Spitze war es ein knappes Rennen. Beim "Omnichannel Readiness Index" (ORI) erreicht Obi 2021 81 Prozent. Kastner & Öhler bzw. Gigasport liegen nur einen Prozentpunkt dahinter.

Martin Wäg, Vorstand von Kastner & Öhler, findet sich im Digitalisierungsreport erneut im absoluten Spitzenfeld. „Es freut uns, dass unsere Bemühungen Bestätigung finden, denn das Thema Multichannel ist uns wirklich wichtig.“ Die Onlinefiliale habe in den vergangenen zwei Jahren ein starkes Wachstum vollzogen und erwirtschafte bereits 15 Prozent des Gesamtumsatzes.

Unleistbare Mieten

Was aber heißt dies für die Geschäftslokale, die Verkaufsflächen, wenn die Verzahnung mit dem Onlineangebot immer enger wird? "90 Prozent des Handelsumsatzes wird in stationären Shops generiert", betont Will. "Die Fläche wird also bleiben, aber sie wird schrumpfen und sie wird sich wandeln - hin zu einem Servicebereich und Sprungbrett ins Digitale."

Wenn Geschäftsfläche zurückgeht - in Österreich sind laut Handelsverband 5000 Geschäftslokale akut bedroht -, würde man auch die Mieten überdenken müssen. "Die können sich viele nicht mehr leisten."