Nach fast sieben Monaten Lockdown in der Gastronomie und Hotellerie sind in den Speisekammern, Kellern und Kühlschränken der Restaurants und Hotelküchen auch länger haltbare Lebensmittel verdorben. Ausgetrocknete Bierzapfhähne und Kaffeemaschinen außer Betrieb müssen gewartet und teilweise repariert werden.

Die nahende Wiedereröffnung am Mittwoch, 19. Mai, bringt daher nun auch Zulieferer und Großhändler in gehörigen Stress. Ob Mehl, Öl, Ketchup oder Reis: Viel Ware wird gebraucht und Tausende Abnehmer in Kärnten wollen diese gleichzeitig. Derzeit sind es vor allem Basisprodukte, der Run auf Frischprodukte wird wohl ab Montag einsetzen. Bei Transgourmet in Villach bildeten sich bereits vor dem verlängerten Wochenende lange Schlagen vor den Kassen. Auch die Lage beim Großmarkt AGM in Klagenfurt ist derzeit "herausfordernd".

AGM-Großmarkt in Spitttal/Drau. "Halten uns an Erfahrungen aus Vorarlberg"
AGM-Großmarkt in Spitttal/Drau. "Halten uns an Erfahrungen aus Vorarlberg" © Rie-Press

"Keine Goldgräberstimmung"

Die positive Stimmung überwiegt, aber Goldgräberstimmung gebe es keine. "Wir sind aktuell noch in Kurzarbeit", heißt es von AGM. "Wir warten ab, wie sich das Geschäft nach den Öffnungen entwickelt, hoffen nichtsdestotrotz auf gute Umsätze." Man orientiere sich auch an den Erfahrungen aus Vorarlberg, wo die Gastronomie ja schon seit Mitte März offenhalten darf. AGM hat neben Klagenfurt auch Märkte in Wolfsberg und Spittal. Man sei im engen Austausch mit der Lebensmittelindustrie bzw. den Lieferanten, könnte aber nicht ausschließen, dass während der ersten Öffnungstage "nicht alles lieferbar" ist.

Volle Transgourmet-Regale, damit die Wirte ihre Regale füllen können
Volle Transgourmet-Regale, damit die Wirte ihre Regale füllen können © Hannes Pacheiner

"Kleinere Mengen werden eingekauft"

Erfried Feichter, Geschäftsführer beim Großhändler Eurogast Kärntner Legro, beobachtet, dass seine Kundenverhalten sind in der Warendisposition, also für ihre Verhältnisse kleinere Mengen einkaufen.

Legro-Chef Erfried Feichter: "Wenn eine Marke oder Sorte zunächst nicht da ist, werden die Wirte auf Alternativprodukte ausweichen müssen"
Legro-Chef Erfried Feichter: "Wenn eine Marke oder Sorte zunächst nicht da ist, werden die Wirte auf Alternativprodukte ausweichen müssen" © PRIVAT

Das Bunkern von Paletten und Co. hätten sie sich nach zwei Lockdowns wohl abgewöhnt. "Ich halte das für vernünftig", sagt Feichter. "Wir sind auch darauf einrichtet, können täglich liefern."  Auch Feichter spricht die  Verfügbarkeit der Waren an. "Wenn eine Marke oder Sorte zunächst nicht da ist, werden die Wirte auf Alternativprodukte ausweichen müssen."

"Villacher"-Geschäftsführer Thomas Santler: "Bestellungen kommen reihenweise herein"
"Villacher"-Geschäftsführer Thomas Santler: "Bestellungen kommen reihenweise herein" © Pacheiner

Hochfahren in Molkereien und Brauereien

Erst "hochfahren" mussten Brauereien und Molkereien jene Anlagen, die speziell für Großabnehmer eingerichtet wurden. Konkret die Fassbier-Abfüllanlagen sowie die "Eimer-Produktion" in der größten Kärntner Molkerei, der Kärntnermilch in Spittal/Drau. Die Abfüllung in Eimern - etwa von Milch, Schlag, Butter, Sauermilch oder Joghurt - speziell für Gastronomie und Hotellerie war stillgelegt. "Ab jetzt wird massiv produziert und ausgeliefert", sagt Kärntnermilch-Direktor Helmut Petschar. "Wir haben extrem unter dem Ausfall von Gastronomie und Hotellerie gelitten, der Umsatzrückgang beträgt 20 Prozent."

"Hirter"-Chef Klaus Möller: "Es wird ein vorsichtiger Start werden"
"Hirter"-Chef Klaus Möller: "Es wird ein vorsichtiger Start werden" © Markus Traussnig

"Sieben Monate Lockdown waren heftig"

Andere Erzeugnisse, ähnliche Lage in den Kärntner Braukellern: "Sieben Monate Lockdown waren heftig, der Gastronomieanteil von 40 Prozent und der Exportanteil von 20 Prozent sind fast ganz weggebrochen", sagt Klaus Möller, Chef der Hirter-Brauerei. Bis zum Start am 19. werden die Schankanlagen gereinigt, seit Tagen läuft die Auslieferung auf Hochtouren. Möller rechnet mit einem vorsichtigen Start. "Viele Testverweigerer werden nicht ins Lokal gehen, nicht alle Lokale werden gleich voll besetzt sein. Es wäre schön, würden wir ausverkauft sein, ich wage das aber zu bezweifeln."

Kärntnermilch-Direktor Helmut Petschar: "Ab jetzt wird massiv ausgeliefert"
Kärntnermilch-Direktor Helmut Petschar: "Ab jetzt wird massiv ausgeliefert" © Gabriel/KLZ

Fassbierproduktion startet wieder

Hauptsächlich Flaschenbier füllte man auch in der Villacher Brauerei während des Lockdowns ab, die Fassbierproduktion wurde jetzt wieder hochgefahren. "Die Bestellungen kommen reihenweise herein, wir rechnen mit hohem Nachfragedruck", erklärt Brauereichef Thomas Santler. Es könne dort oder da auch zu Knappheit bei ausgewählten Biersorten kommen, warnt er. Dass – wie vor zwei Wochen in englischen Pubs – Zapfhähne aufgrund des Ansturms gleich trockengelegt werden, erwartet er nicht. Für den Sommer seien die Perspektiven ohnehin durchwachsen: "Fehlende Events und Großveranstaltungen wird man nicht kompensieren können, das tut uns in Kärnten besonders weh."