"Wir machen“, sagt Josef Habich entschlossen, „aus der Not eine Tugend.“ Die junge Privatbrauerei Wimitz nördlich von St. Veit an der Glan kämpft wie andere Biererzeuger mit Retouren aus der seit 15 Wochen geschlossenen Gastronomie. Die Haltbarkeit des naturbelassenen Gerstensaftes ist begrenzt – bevor das Bier abläuft, holt es Habich zurück in seine Herkunftsstätte. Rund 100 Hektoliter werden verwertet: „Wir machen daraus hochwertigen Bierbrand, den wir in Holzfässern lagern. Ein Corona-Schnapserl sozusagen. Aus einem Teil des Bieres, das ja nichts hat, erzeugen wir Essig. Weggeschüttet wird definitiv nichts.“

Anpassungsfähige Betriebe in der Krise

Die Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft österreichischer Betriebe in dieser Krise hat auch den Ökonomen Friedrich Schneider beeindruckt: „Die Unternehmen haben sehr viel geleistet und Herausforderungen vielfach auch kreativ und innovativ gelöst.“

Josef Habich
Josef Habich © Gleiss

Zumindest dort, wo es etwas zu lösen gab. Denn für den Tourismus und die Gastronomie gehe es vor allem um eines, „die brauchen eine Öffnungsperspektive – und zwar schnell, sonst werden wir hier ein Massensterben erleben“. Für Schneider ist das Thema Planbarkeit für die Wirtschaft auch einer jener Punkte, bei denen „die Politik nichts dazugelernt hat“, so seine Kritik. Regeln und Zielwerte, etwa bei Infektionen, haben sich aus seiner Sicht in den letzten Monaten zu oft geändert, „das verunsichert die Menschen, daher halten sich viele auch nicht mehr so daran – ganz anders als noch im ersten Lockdown“.

Friedrich Schneider
Friedrich Schneider © IWS

Zuerst "sehr erschrocken" und zwei Sorgen

Als dieser Mitte März 2020 über das Land hereingebrochen ist, war Harald Kogler „sehr erschrocken“. Der Vorstand der Hirsch Servo AG in Glanegg betont in der Rückschau: „Ich hatte nur zwei Sorgen: Hoffentlich wird keiner krank – und wie können wir unsere Liquidität aufrechterhalten.“ Es gelang, mit der Hausbank dafür zu sorgen, dass der Konzern ein halbes Jahr ohne Geschäft hätte durchstehen können. Schon nach drei Monaten – die Wirtschaft nahm bereits Fahrt auf – war die Liquidität doppelt so hoch wie zu Krisenbeginn. Und Kogler kaufte via Microsoft Teams ein ganzes Werk in der Ukraine. „Wir haben viel Schlimmeres erwartet, als dann gekommen ist – das gibt uns Vertrauen in die Zukunft“, so Kogler. „Jetzt geht es darum, sich optimal für die Zeit nach der Krise aufzustellen.“

Harald Kogler
Harald Kogler © Puch Johannes

Gratwanderung für Handwerksbetriebe

Wie unterschiedlich die einzelnen Branchen betroffen sind, unterstreicht auch Andreas Höller. Der Unternehmer aus Gratwein ist auch Bundesinnungsmeister der Hafner, Platten- und Fliesenleger. Er spricht von einer „Gratwanderung“ zwischen einem für viele Handwerksbetriebe „eigentlich nicht schlecht laufenden Geschäft und der Nervosität, was die Zukunft betrifft“. Den Betrieben sei bewusst, „dass sich hohe Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit auf verfügbare Einkommen und damit Investitionsbereitschaft auswirken werden“, so Höller. Sicherheits- und Hygienekonzepte hätten sich bewährt, „auch wenn körperlich schwere Arbeit mit einer FFP2-Maske enorm herausfordernd ist“.

Perspektivisch sieht Höller „eine große Chance für Handwerksberufe, die sich als krisensicher erwiesen haben“. Die damit einhergehende Hoffnung: dass damit auch die Suche nach dem dringend benötigten Fachkräftenachwuchs stimuliert wird.

Andreas Höller
Andreas Höller © WKÖ

Vier Lernerfahrungen aus dem Krisenjahr

EcoAustria-Chefin Monika Köppl-Turyna zieht vier Lernerfahrungen aus dem Krisenjahr. Die wohl wichtigste: „Vielen wurde klar, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Einheit dafür sorgen, dass es uns gut geht.“ Es sei auch deutlich geworden, dass Österreich „Gas geben muss, um moderner zu werden – gerade bei der Digitalisierung. Wir haben noch immer zu viel alte Kupferkabel und zu wenig Glasfaser.“

Dann ist da noch die Frage der Resilienz, so Köppl-Turyna: „Die Wirtschaft muss stärker diversifizieren, um Krisen besser abzufedern.“ Das gelte auch für Wertschöpfungsketten, deren Angreifbarkeit so deutlich wurde: „Niemand darf von einem Lieferanten abhängig sein. Ein Exportland wie Österreich muss seine Handelsbeziehungen pflegen, wir brauchen mehr Handelsabkommen.“

Monika Köppl-Turyna
Monika Köppl-Turyna © Weinwurm GmbH

Kein Neustart mit Nationalismus

Auch Volkswirtschaftsprofessor Schneider mahnt: „Mit Nationalismus schaffen wir den wirtschaftlichen Neustart nicht, es braucht vor allem wieder eine funktionierende EU, ein stärkeres und vor allem koordinierteres gemeinsames Vorgehen.“ Alleingänge wie jener Deutschlands bei den Grenzschließungen seien da nicht dienlich. Offene Grenzen, Perspektiven für die vom Lockdown gebeutelten Branchen, mehr Anstrengungen auf europäischer Ebene und vor allem die Impfungen seien die Schlüsselkomponenten, um heuer das Comeback für die Wirtschaft einläuten zu können.