Das Pandemie-Jahr 2020 wird auch in Bezug auf die Pleiten-Statistik als ein völlig unnormales Jahr in die Geschichtsbücher eingehen. Die Coronahilfen machen es möglich: Wenn heuer nur 3000 Unternehmen insolvent werden statt wie im Vorjahr 5000 Unternehmen, dann ist das mit einem Warnhinweis zu versehen. "Die aktuellen Zahlen spiegeln die Realität nicht wider," betont KSV-Chef Ricardo-Jose Vybiral.

Schadenssumme größer

Die Rettungsgelder senkten die Zahl der Firmenzusammenbrüche auf das Niveau von 1990. Die Schadenssumme der heurigen Pleiten ist aber deutlich höher als 2019: Fast drei Milliarden Euro Verbindlichkeiten stehen 1,7 Milliarden Euro im Vorjahr gegenüber. Alleine 800 Millionen Euro entfallen auf die burgenländische Commerzialbank.

Im zweiten Quartal, also im Frühjahr, dürfte dann nach dem Minus von knapp 40 Prozent heuer ein gewisser Nachholeffekt einsetzen. Der Kreditschutzverband von 1870 (KSV) erwartet dann bis zu 25 Prozent mehr Insolvenzen. Auf 6000 bis 6500 Pleiten könnte 2021 die Insolvenzwelle anwachsen, wenn nur noch gezielt staatlich Hilfe fließe.

"Gießkannensystem beenden"

Insolvenzverschleppung hatte der Kreditschutzverband der Regierung aufgrund der massiven Coronahilfen seit dem vergangenen Sommer immer wieder vorgeworfen. Das Geld werde nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet, kritisiert der Leiter der KSV-Sparte Insolvenz, Karl-Heinz Götze bei der Präsentation der Jahreszahlen. "Das Gießkannensystem ist bitte zu beenden," fordert er. "Denn es ist bei den öffentlichen Stellen bekannt, wer schon vor Corona in Schwierigkeiten war."

Das Problem der sogenannten Zombie-Firmen hat durchaus Tragweite: "Diese Firmen arbeiten mit der Loch-auf-Loch-zu-Methode und mit Dumpingpreisen," so Götze, "so zwingen sie auch andere zu Dumpingpreisen."   

Unternehmen, die finanziell auf der Kippe stehen, rät der Kreditschutzverband zudem explizit, lieber ein geordnetes Sanierungsverfahren anzugehen, als die letzten finanziellen Reserven zu verbrauchen. Götze ermutigt dazu, damit „sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“. 30 Prozent aller Sanierungsverfahren in Österreich würden erfolgreich abgeschlossen. Immerhin 80 Prozent der Schuldenlast falle damit weg. Denn wenn gar kein Geld mehr da ist, um überhaupt ein Insolvenzverfahren  abwickeln zu können, führt der Weg nur noch in die Betriebsschließung.

Im März kommt der Wendepunkt

Ein wichtiger Wendepunkt für Unternehmer kommt Ende März. Dann werden Steuerzahlungen und Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr einfach gestundet wie derzeit, sondern die Phase des Zurückzahlens startet, lautet der politische Plan. Nach den jüngsten Parlamentsbeschlüssen können die Beträge dann über drei Jahre in Raten abgestottert werden. "Bevor man in die Ratenzahlung geht, sollte man genau schauen, ob ich mich nicht besser entschulde und schneller wieder durchstarte," gibt Vybiral betroffenen Unternehmern für das neue Jahr mit auf den Weg. Man müsse weg kommen von der in Europa ausgeprägten Insolvenz-Stigmatisierung.  

Regional betrachtet gibt es in Kärnten heuer knapp 44 Prozent weniger Insolvenzen als 2019, in der Steiermark nur knapp 34 Prozent weniger. Die meisten Insolvenzen (30 Prozent) gibt es bei den unternehmensbezogenen Dienstleistungen, in der Bauwirtschaft (knapp 30 Prozent) und im Gastgewerbe (25 Prozent). Insgesamt sind rund 16.300 Dienstnehmer betroffen, 5,2 Prozent weniger als 2019.

Privatpleiten: Menschen konsumieren vorsichtiger

Die Privatinsolvenzen unterliegen dem KSV zufolge anderen Gesetzmäßigkeiten als Firmeninsolvenzen. Vybiral: "Wir beobachten aktuell ein bekanntes Phänomen. In Zeiten, in denen es der Wirtschaft nicht so gut geht, steigen vor allem deshalb die Privatpleiten nicht, weil Konsumenten im Umgang mit ihrem Geld vorsichtiger sind. Mehr private Verschuldung kommt eher in Zeiten vor, in denen es uns besser geht." In Zahlen bedeutet das: Es gab 7.411 Schuldenregulierungsverfahren, 21,6 Prozent weniger. Die Verbindlichkeiten gingen um 18,7 Prozent auf 1,138 Mrd. Euro zurück.