Herr Regionspräsident, das Wichtigste vorab: Wie geht es Ihren Landsleuten?
MASSIMILIANO FEDRIGA: Friaul-Julisch Venetien ist die Region mit der besten Entwicklung in Norditalien und einer der besten ganz Italiens. Wir haben sehr schnell gehandelt, das Coronavirus in unserer Region in Grenzen zu halten. Nach bisher 60.940 Tests haben wir aktuell nur 13 Intensivpatienten und 130 Spitalspatienten. Von 2977 Infektionsfällen seit Beginn sind 1448 wieder gesund. Italien hat hohe Zahlen, weil jeder positiv Getestete mit der ganzen Familie isoliert wird.

Für die italienische Gastronomie werden schon 34 Milliarden Euro Verlust gemeldet.
Die Schäden sind massiv. Die Wirtschaft ist von den Maßnahmen der italienischen Regierung sehr hart getroffen. Die Hotelbetriebe, Restaurants, der Handel in Friaul-Julisch Venetien sind alle bereit, schon ab nächster Woche zu öffnen.

Die italienische Regierung will das aber erst ab 2. Juni zulassen. Was uns dann am brennendsten interessiert: Wann wird die Grenze zu Italien für Urlaubsreisen wieder offen sein?
Das entscheidet die Regierung in Rom und wir haben ihr mitgeteilt, dass Friaul-Julisch Venetien alle Sicherheitsmaßnahmen vorbereitet hat, um die Hotels, Gastronomie und die Adria-Strände sofort zu öffnen.

Ja, aber wovon gehen Sie aus, wann das der Fall sein kann?
Es gibt noch keine Antwort der italienischen Regierung. Ich konferiere wöchentlich mit dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser über die positive Entwicklung auf beiden Seiten der Grenze.

Entscheidend wird sein, wann Österreich und andere Länder Europas die Reisewarnung für Italien aufheben. Worauf hoffen Sie?
Wir hoffen, dass es innerhalb Europas so bald wie möglich eine Normalisierung des freien Personenverkehrs geben wird, natürlich unter Einhaltung der generellen Distanz-, Schutz- und Hygienemaßnahmen.

Ohne 14-tägige Quarantänen bei einem Grenzübertritt, wie es derzeit der Fall ist?
Es sollte eine generelle Freigabe der Grenzen sein. Die Regionen sollten dann die Möglichkeit haben, zu entscheiden, wo überall der Zugang für Touristen möglich ist oder nicht.
Da sind aber viele Länder sehr skeptisch, gerade gegenüber Italien, Frankreich, Spanien.

Ist ein Adria-Urlaub im Sommer 2020 für die Österreicher denkbar? Wenn ja, vielleicht August, September?
Ich hoffe sehr, dass die Grenzöffnung bereits vor Juni kommt. Meine starke Hoffnung wäre zu Pfingsten, noch Ende Mai.

Sie rechnen sogar schon im Mai damit, ist das nicht illusorisch?
Die sanitären Vorbereitungen in Italien und besonders in Friaul-Julisch Venetien sind jedenfalls darauf ausgerichtet.

Wann werden zunächst einmal die Meeresstrände für die Italiener selbst geöffnet?
Auch das entscheidet die italienische Regierung und sie hat noch keine Auskunft darüber gegeben. In Friaul-Julisch Venetien werden derzeit die Strände in Grado und in Lignano mit allen Einrichtungen für die Badesaison vorbereitet und der Saisonstart wird in drei Wochen so weit sein.

Welche Situation wird die Urlauber an den italienischen Stränden erwarten? Es geistern Ideen von Plexiglas-Boxen zur Sicherheitsabgrenzung herum. Wie soll das bei der Sommerhitze erträglich funktionieren?
Plexiglas-Boxen sind absoluter Unsinn, das haben wir nie in Betracht gezogen. Natürlich wird man die Anzahl der Gäste an den Stränden begrenzen und man wird die Liegen und Sonnenschirme mit genügend Sicherheitsabstand aufstellen. Damit es in den Gastronomiebetrieben in den Badeorten nicht zu Staus und Gedränge kommt, wird ein besonderer Service vorbereitet, nämlich dass das Essen zum Strand serviert wird, direkt zu den Gästen auf den Liegen und unter den Sonnenschirmen. Die Ärzte sagen übrigens, dass das Meerwasser und die Strände, was das Überleben des Virus betrifft, zu den sichersten Orten für die Menschen gehören.

Wenn die Hotellerie und die Gastronomie, die Weinkeller Friauls ihre Pforten öffnen, welche Auflagen erwarten da die Gäste?
Es wird in allen Betrieben, Restaurants, Trattorien und Bars überall dieselbe Regelung geben: Es muss ein Sicherheitsabstand von mindestens zwei Metern zwischen den Tischen eingehalten werden. Das Servierpersonal wird mit Schutzmasken ausgerüstet sein sowie mit Hygienehandschuhen, die regelmäßig gewechselt werden. In Friaul-Julisch Venetien machen wir keinen Unterschied bei Aktivitäten der Gastronomie und auch des Handels. Aus unserer Sicht können alle öffnen, wenn sie die gleichen Sicherheitsmaßnahmen respektieren. Für uns erscheint es sehr seltsam, dass die italienische Regierung im Vergleich dazu erlaubt, dass die Leute in Bussen oder Tramways nebeneinander sitzen dürfen.

Corona in Friaul

Aktueller Status der Corona-Verbreitung in Friaul-Julisch Venetien:

60.940 Tests bisher
271 Todesfälle
13 Intensivpatienten
130 Spitalspatienten
2977 Infektionsfälle insgesamt seit Beginn
1448 wieder gesund

© Kleine Zeitung Grafik

Die Grafik zeigt, dass der Zuwachs an Neuinfektionen letzte Woche weniger als zehn Prozent betrug, die Zahl der Infizierten bei 220 je 100.000 Einwohnern liegt. Friaul gehört zu den gering betroffenen Regionen Italiens.