Der Chef der Wiener Börse, Christoph Boschan, hält einen Verzicht auf hohe Dividendenzahlungen - wie ihn SPÖ, Attac, Arbeiterkammer und auch die Finanzmarktaufsicht angesichts der Coronakrise angeregt haben - für nicht angebracht. Der Staat verteile Krisenhilfe schließlich aus den Töpfen, die die Unternehmen vorher gefüllt hätten, führte Boschan in der "ZiB2" aus.

Befragt, ob es richtig sei, wenn Unternehmen einerseits Millionen für Kurzarbeit vom Staat bekommen, aber andererseits Gewinne an ihre Aktionäre ausschütten, verwies Boschan zudem darauf, dass bei Dividendenverzicht auch die Einnahmen aus der Kapitalertragssteuer entfallen würden. Und: Jede Krisenhilfe und Sozialleistung - vom Kindergartenplatz bis zur Pension - werde aus den Töpfen gefüllt, die prosperierende österreichische Unternehmen vorher gefüllt haben.

Der Börsechef plädierte zudem für Steuersenkungen für die Unternehmen nach der Coronakrise. Jetzt sei die Regierung mit der Krisenintervention "genau richtig unterwegs", aber lang- und mittelfristig brauche es dann weitere Maßnahmen. Auch Kanzler und Finanzminister würden schon weit über die Krise hinausdenken.

Rufe nach Dividendenverzicht

Immer lauter wurden zuletzt die Rufe, dass vor allem Kreditinstitute während der Coronakrise auf die Zahlung von Dividenden und Boni verzichten. In Österreich haben dies am Mittwoch die SPÖ und Attac verlangt. Auch für die AK ist nicht die Zeit für große Dividenden.

Zuletzt haben die europäischen Bankenaufseher der Kreditwirtschaft zumindest starke Zurückhaltung bei Ausschüttungen angeraten. Schon bisher - also auch vor der Coronakrise - galten bei Banken Dividendenschranken bzw. Ausschüttungsverbote, wenn die Institute Kapitalpuffer aufgelöst bzw. unter vorgegebene Größen reduziert haben.

Die Arbeiterkammer will, dass Firmen insgesamt - also nicht nur die Banken - ihr Geld beisammenhalten und keine Dividenden zahlen. In der AK sieht man gerade die großen Börsenkonzerne dahingehend gefordert.

SPÖ will "Signal" des Finanzministers

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer verlangte am Mittwoch, die Banken müssten alles tun, um ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. Der Staat übernehme derzeit sehr viel Risiko für die Banken, durch Haftungen und Garantien, und die Zentralbanken stellten sehr viel Liquidität bereit. "In der weltweiten Finanzkrise haben die Staaten die Banken gerettet, in der Corona-Krise müssen die Banken ein Teil der Lösung sein", so Krainer in einer Aussendung. Er erwartet in Sachen Dividenden ein "Signal" des Finanzministers.

Auch Attac forderte heute die Banken dringend auf, keine Gewinne mehr auszuschütten. Die Organisation kritisierte insbesondere die Großbanken, die bereits Dividendenerhöhungen für 2019 angekündigt haben.

Arbeiterkammerchefin Renate Anderl verwies auf internationale Beispiele, die angesichts der Krise bereits zu einem Dividenden-Verzicht aufforderten. So fordere die schwedische Finanzaufsicht, allen Banken und Kreditfinanzern auf den Hauptversammlungen eine Streichung der Dividende vorzuschlagen. Die spanische Großbank Santander lasse ihre geplante Zwischendividende bereits ausfallen.