Rund 75 Niederlassungen von österreichischen Unternehmen sind dem Außenwirtschaftscenter in Japan bekannt – das ist, gemessen daran, dass es sich um die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt handelt, nicht viel, wie der Wirtschaftsdelegierte Ingomar Lochschmidt anmerkt. „Geschäftsbeziehungen in Japan aufzubauen, ist schwierig und langwierig. Doch ist man einmal drinnen, dann läuft es.“

Das steirische Vorzeigeunternehmen AVL hat es auch in Japan geschafft, man darf alle namhaften Autohersteller zu den Kunden zählen. Kaum ein Fahrzeug fährt ohne das Know-how der Grazer Motorenschmiede. AVL ist hier mit insgesamt zehn Niederlassungen vertreten, die jüngste davon ist das Technical Center in der Millionenstadt Kawasaki, die langsam mit Tokio zusammenwächst. Kawasaki ist vor allem ein Industriestandort; unmittelbar neben der AVL werden Nutzfahrzeuge von Mitsubishi gebaut.

"Wir müssen japanisch sein"

340 Mitarbeiter beschäftigt der Prüf- und Motorenspezialist im Land, von 10.500 weltweit. Zehn Prozent des Umsatzes fließen in die Forschung, 80 Ingenieure stehen im Dienst des Unternehmens. AVL-Japan-Chef Harald Alge: „Es war am Anfang nicht einfach, gute Ingenieure zu bekommen. Es herrscht ein akuter Mangel und wir haben außerdem viele Jahre damit gekämpft, dass wir hier nicht so bekannt waren. Für die jungen Leute sind eher Toyota und Honda das Ziel.“

Dennoch ist es Alge wichtig, wie er betont, in Japan „japanisch“ zu sein, also Ingenieure aus dem Land zu beschäftigen. Die Quote liegt bei mittlerweile über 90 Prozent. „Es hilft uns, die Motoren so zu entwickeln, wie japanische Kunden das wollen.“

Virtueller Prüfstand

Gerüstet ist die AVL auch in Kawasaki für alle Fahrzeugtypen. Zum Stolz des Standortes zählt der virtuelle Prüfstand, auf dem ein Auto, lange bevor es auf „der Hardware“ getestet wird, viele Simulationen durchläuft. Das spart Kosten, Zeit und minimiert das Risiko.

In Kawasaki errichtete die AVL ein neues Technical Center
In Kawasaki errichtete die AVL ein neues Technical Center © Gaisch-Faustmann

„Wir können alles ausprobieren, ohne dass etwas kaputt geht“, erklärt ein Ingenieur den Teilnehmern der steirisch-kärntnerischen Wirtschaftsdelegation, die in dieser Woche in Tokio und Seoul Station macht. 25 Prozent an Testkosten spare der virtuelle Prüfstand, zehn Prozent weniger Prototypen würden benötigt, drei Monate sei man früher auf dem Markt. Dazu komme, dass man mit den AVL-Experten weltweit vernetzt sei und man gegenseitig vom Know-how profitiere.

Keine einfache Antwort

Ebenfalls in Kawasaki im Einsatz ist ein im Oktober auf den Markt gekommenes, von AVL entwickeltes Abgasmesssystem für den realen Betrieb auf der Straße. „Der weltweite Trend geht in Richtung Real Driving Emissions, also des tatsächlichen Verbrauches“, erklärt Alge. Der Abgasskandal und die dadurch hervorgerufenen neu vorgeschriebenen Prüfzyklen in Europa haben die Entwicklung vorangetrieben. AVL ist nun in der Lage, mit einem Gerät (siehe Foto links) am Heck der Fahrzeuge die Emissionen in den diversen Fahrsituationen bei Pkw und Lkw zu messen.

Was den Antrieb der Autos in Zukunft betrifft (Brennstoff, Elektrizität bzw. Hybride), so rechnet Alge in der nächsten Zukunft mit mehreren unterschiedlichen Systemen, die zugleich auf dem Markt sein werden. „Es ist ein großes Rennen im Gange, doch welcher Antrieb sich durchsetzen wird, ist noch nicht entschieden. Es wird keine einfache Antwort darauf geben. Es sind sehr spannende Jahre der Entwicklung – und für die AVL ist das gut.“