Im Konflikt mit dem Iran geht US-Präsident Donald Trump auf Konfrontationskurs. Trump unterzeichnete am Montag eine Verfügung, mit der ab heute (6.00 Uhr MESZ) wieder US-Sanktionen gelten, die durch das Atomabkommen mit dem Iran ausgesetzt waren. Ziel sei es, "maximalen wirtschaftlichen Druck" auf das ökonomisch bereits angeschlagene Land auszuüben, so Trump.

Nach den Worten von US-Außenminister Mike Pompeo wollen die USA erzwingen, dass die Sanktionen durchgesetzt werden. Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bekräftigten ihren Widerstand gegen die Maßnahmen.

Widerstand der Europäer

Denn die EU will die US-Sanktionen nicht so einfach hinnehmen. Man sei entschlossen, europäische Wirtschaftsakteure vor möglichen Folgen der Sanktionen zu schützen, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung von Deutschlands Außenminister Heiko Maas sowie Jean-Yves Le Drian (Frankreich), Jeremy Hunt (Großbritannien) und Mogherini. Deswegen werde heute auch das überarbeitete Abwehrgesetz in Kraft treten.

Das Gesetz regelt, dass Unternehmen für mögliche Kosten und Verluste Entschädigung von US-Seite verlangen können. Theoretisch eröffnet es sogar die Möglichkeit, EU-Unternehmen zu bestrafen, die sich ohne eine EU-Ausnahmegenehmigung an die US-Sanktionen halten. Dass diese Möglichkeit genutzt wird, gilt aber als sehr unwahrscheinlich.

In der Erklärung versichern die Europäer dem Iran zudem, dass die EU auch an der Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs und der Öl- und Gasgeschäfte mit dem Iran arbeiten werde. Man bedauere zutiefst die Wiedereinsetzung der US-Sanktionen, heißt es.

Auch europäische Unternehmen betroffen

Auch wenn sich viele europäische Unternehmen zurückhaltend geben: Die neuen US-Sanktionen gegen den Iran dürften Auswirkungen auf ihr Geschäft mit der Islamischen Republik haben. Ein Überblick über einige Branchen:

AUTOHERSTELLER

Die Opel-Mutter PSA um die Marken Peugeot und Citroën hat sich aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen, wie sie bereits im Juni ankündigte. Der zweitgrößte europäische Autobauer hatte im vergangenen Jahr 445.000 Fahrzeuge in der Islamischen Republik verkauft, er kontrollierte damit zuletzt fast ein Drittel des Marktes.

Andere Autohersteller haben zurückhaltender auf die neuen US-Sanktionen reagiert: Renault will seine Aktivitäten gegebenenfalls zurückfahren. Auch Daimler und Volkswagen könnten betroffen sein. Daimler kooperiert seit zwei Jahren mit iranischen Firmen bei der Produktion und Vermarktung seiner Fahrzeuge, Volkswagen hatte erst im vergangenen Jahr nach 17 Jahren Abwesenheit die Rückkehr auf den iranischen Markt angekündigt.

LUFTFAHRT

Für große europäische Luftfahrtgesellschaften wie die deutsche AUA-Mutter Lufthansa und British Airways stehen womöglich die Transatlantik-Verbindungen auf dem Spiel, wenn sie ihre Direktflüge nach Teheran aufrechterhalten.

Auch der Flugzeughersteller Airbus könnte betroffen sein: Er will insgesamt 100 Maschinen an die Gesellschaft Iran Air liefern. Das Geschäft hat einen Wert von rund 10 Mrd. Dollar (8,6 Mrd. Euro). Bisher wurden aber nur drei Maschinen geliefert - diese brauchen US-Lizenzen, da einige Teile in den USA gefertigt werden.

ÖLKONZERNE

Der französische Erdölriese Total wollte bisher massiv in das South-Pars-Gasfeld im Persischen Golf investieren. Gemeinsam mit der chinesischen Gruppe CNPC wollte Total 5 Mrd. Dollar einsetzen. Nun dürften die Chinesen das Ölfeld alleine ausbeuten.

Andere große Ölkonzerne wie die britische BP und die italienische Eni warten offiziell noch die Auswirkungen der neuen US-Sanktionen ab.

INDUSTRIE

Der deutsche Technologiekonzern Siemens ist bereits seit 150 Jahren im Iran aktiv und arbeitet seit 2016 mit dem iranischen Unternehmen Mapna bei Gasturbinen und Generatoren für Stromkraftwerke zusammen. Mit Blick auf die neuen Sanktionen sagte Siemens-Sprecher Yashar Azad der Nachrichtenagentur AFP, der Konzern werde "sicherstellen, dass er in strenger Übereinstimmung mit den relevanten internationalen Exportkontrollbeschränkungen" handle.

BANKEN

In diesem Sektor sind vor allem deutsche Geldhäuser betroffen: Die Landesbank Helaba und die genossenschaftliche DZ Bank haben wegen der neuen US-Sanktionen ihren Rückzug aus dem Iran-Geschäft angekündigt.

Bei der Deutschen Bank und der Commerzbank liegt es bereits auf Eis, seitdem die Institute von den USA 2015 scharf wegen Sanktionsverstößen gemaßregelt wurden. Allein die Deutsche Bank verpflichtete sich wegen der Missachtung von Sanktionen gegen den Iran und Syrien zur Zahlung einer Strafe von 258 Mio. Dollar.

"Das dicke Ende kommt im November"

Angesichts des Wiederauflebens der US-Sanktionen gegen den Iran sollten österreichische Firmen ihre eigene Situation ohne Panik bewerten und individuelle Entscheidungen treffen, empfiehlt der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Teheran, Christoph Grabmayr. Pauschale Lösungen gebe es nicht.

Die aktuelle erste Welle der Sanktionen sei noch der kleinere Teil, "das dicke Ende kommt im November", wenn in einer zweiten Stufe alle Geschäfte unterbunden werden sollen. Jetzt sind einmal unter anderem der Handel mit Buntmetallen, Autozulieferungen und manche Finanzgeschäfte betroffen. Daher gehe es derzeit erst um rund 5 Prozent der österreichischen Exporte in den Iran, die sich zuletzt auf etwa 300 Millionen Euro beliefen, also um einen "niederen zweistelligen Millionenbetrag".

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Das Hauptproblem seien aber die geplanten Einschränkungen für den Zahlungsverkehr, die auch Geschäfte zum Erliegen bringen dürften, die nicht unter die Sanktionen fallen bzw. aus humanitären Gründen ausgenommen sind wie Lebensmittel, Pharmazeutika oder Medizintechnik. Diese Waren dürfte man auch in Zukunft noch liefern - aber man bekäme kein Geld mehr dafür. Außer man akzeptiert Barzahlungen in Euro. Denn die USA wollen den Iran vom internationalen Zahlungssystem SWIFT abkoppeln.

"Es kann noch viel geschehen"

Grabmayr sieht aber auch noch Chancen, dass es nicht zum völligen Stillstand des Handels kommt. Denn noch sind drei Monate Zeit und US-Präsident Donald Trump hat sich ohne Vorbedingungen zu Gesprächen mit dem Iran bereit erklärt. Im Iran sei Präsident Hassan Rouhani gesprächsbereit, aber das Land sei "kein Monolith", es sei noch nicht abzuschätzen, welche Position sich letztlich durchsetzen wird. Drei Monate seien heutzutage in der Weltpolitik eine lange Zeit, da könne noch viel geschehen, gibt Grabmayr zu bedenken.

Kontrollbank übernimmt noch Haftungszusagen

Die Kontrollbank (OeKB) gab unterdessen bekannt, dass man noch Haftungen für Iran-Geschäfte übernehme, wenn diese nicht unter die Sanktionen fallen. Deckungen für wirtschaftliche und politische Risiken im Rahmen von Exportgarantien sind für Neugeschäfte aber nur möglich, wenn sie bis zum 4. November ausgeliefert und bezahlt werden. An dem Tag wollen die USA alle Zahlungen des Iran zum Erliegen bringen.

Daher kommen Absicherungen nach dem 4. November nur dann in Frage, wenn das Unternehmen die Zahlungsabwicklung sicherstellen kann. Das werde allerdings sehr, sehr schwierig, es sei wohl anzunehmen, dass nach diesem Datum die Geschäfte mit dem Iran weitgehend zum Erliegen kommen werden, weil die USA den Iran von  SWIFT ausschließen wollen.

Für den Iran hat die OeKB im Vorjahr 33 Millionen Euro Haftungszusagen ausgestellt (bei einem weltweiten Neugeschäft von 5,4 Milliarden Euro) und dabei ausnahmslos alle gültigen Sanktionsvorschriften eingehalten. Auch künftig würden alle Sanktionen eingehalten, betont man in der OeKB. Das Geschäft mit dem Iran sei bisher deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, weil die Firmen schon jetzt Mühe hatten, die Finanzierung aufzustellen.